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4. Resümee

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Wir sind ausgegangen von dem ersten Anschein einer Nähe der negativen Philosophie des Daodejing zur neuplatonisch geprägten negativen Philosophie. Als deren Begründer gilt Plotin, welcher seinerseits auf Platon und dessen Schule aufbaut. Dieser Anschein der Nähe wird zunächst durch den Aufweis einiger Gemeinsamkeiten der beiden Lehren verstärkt. Insbesondere ist die Wirklichkeit in beiden Fällen als die Entfaltung eines unsagbaren obersten Prinzips gedacht, zu welchem sich alles wieder zurückwendet.

Tatsächlich wäre es jedoch irreführend, das Daodejing vom Neuplatonismus aus zu lesen. Während die Praxis bei Plotin sich auf die theoria des Einen ausrichtet, empfängt die Theorie des Dao bei Laozi ihre Motivation aus dem Praktischen. Während im Neuplatonismus das erste Prinzip deswegen unsagbar ist, weil es das äußerste Positive darstellt, ist es im Daodejing intrinsisch negativ bestimmt. Diese Negativität ist eine positive Qualität, welche ihre Hauptbedeutung im Praktischen hat. In der neuplatonischen negativen Philosophie zeugt die Negativität des ersten Prinzips von den Grenzen des Verstands und von der Eminenz des Absoluten. Das Daodejing zeigt die Negativität des Dao als eine befreiende Kraft für unser Verhalten auf.

Die westliche geistige Welt ist wesentlich durch das Ideal der Rationalität geprägt. Dieses zielt im Theoretischen auf eine umfassende sprachliche Explizierung der diversen Gegenstandsbereiche der Welt, im Praktischen auf die Leitung der diversen Aktivitäten durch Methoden und Handlungsanweisungen. Der Daoismus bringt demgegenüber eine alternative Perspektive ins Spiel: Handeln kann in bestimmten Fällen gerade dadurch gelingen, dass es nicht geplant und überlegt geschieht. Diese These kann das westliche Denken daran erinnern, dass die Rationalität nur eine Seite der menschlichen Natur darstellt. Allerdings wird man auch die Frage an den Daoismus richten müssen, ob er die eminente positive Rolle klar bestimmter Ziele sowie rationaler Planung nicht unterschätzt. Als umfassende Konzeption menschlicher Praxis verstanden bleibt der Daoismus einseitig. Er kann jedoch als Korrektiv gegenüber einem umfassend verstandenen Rationalitätsideal fungieren und eine positive Perspektive auf das nicht begrifflich Vermittelte eröffnen.

Politik – Kirche – politische Kirche (1919–2019)

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