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Einleitung

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Das Humane „aus seiner Verleugnung und Abwesenheit“ zu erschließen – so lautet eine prägnante Anweisung, unter welcher Ulrich Sonnemann das Projekt Negativer Anthropologie fasst1. Sie steht exemplarisch für viele Ansätze negativen Denkens, wie sie nachmetaphysisches Denken kennzeichnen: als ein Denken, das sich weder im Ausgang von ersten Prinzipien noch im Ausgriff auf ein affirmatives Ganzes seiner Grundlagen versichert. Negatives Denken will Wahrheit nicht im direkten Zugriff, sondern ex negativo, aus der Negation des Defizienten und Nichtseinsollenden erfassen. Indessen ist die Anweisung, wie sie Sonnemann formuliert und wie sie sich ähnlich bei anderen Repräsentanten negativistischen Denkens findet, eine vielschichtige, die unterschiedliche Wege öffnet. Das Denken vom Negativen her begegnet uns in verschiedener Gestalt und in variierenden Konstellationen.

Unterschiedlich ist sowohl die Natur des Gegenstandes wie die Zugangsweise zu ihm: sowohl die Negativität dessen, womit das Denken konfrontiert ist, wie die negative Erschließung und Auseinandersetzung mit ihm. Der negative Status des Gegenstandes oszilliert zwischen dem Fehlenden und dem Negativwertigen, dem ‚abwesenden‘ und dem ‚verleugneten‘ Humanen, zwischen defizitärer Endlichkeit, erlittenem Leid und moralischem Übel, zwischen konstitutiver und kontingenter Negativität. Der negative Modus der Betrachtung wiederum variiert zwischen negativer Erschließung, normativer Verurteilung und kritischer Abwehr, zwischen methodischem und inhaltlichem Negativismus, zwischen Kritik, Widerstand und Transzendierung. Es sind ganz unterschiedliche Weisen theoretischer Durchdringung und praktischer Stellungnahme, in denen das Denken mit dem Negativen befasst ist. Die folgenden Überlegungen suchen ihr Spektrum anhand exemplarischer Positionen aus Kritischer Theorie, Negativer Theologie, Hermeneutik und Negativismus zu erkunden, um die Logik und die Herausforderung negativen Denkens – des Denkens des Negativen und des Denkens aus dem Negativen – zu verdeutlichen.

Politik – Kirche – politische Kirche (1919–2019)

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