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Lernende im Kritischen Fremdsprachenunterricht
ОглавлениеBereits die New London Group (2000) formulierte ihr Konzept der Multiliteracies als (sprach-)didaktische Antwort auf die Notwendigkeit von Lernenden, mit einer größeren Vielzahl von Texten im weiteren Sinne umzugehen (vgl. auch Küster 2014). In Verbindung gebracht wird ein kritisches Moment hier stärker über Critical Literacy, welche aber noch nicht notwendigerweise immer ein soziales Moment berücksichtigt. Kritischer Fremdsprachenunterricht jedoch ist von den sozialen Bedürfnissen der Lernenden aus gedachter Unterricht. Dieser Anspruch lässt sich auch historisch herleiten, z.B. mit dem stärkeren Fokus auf Fragen der Lernenden im Vergleich zu Fragen der Lehrenden (inquiry education; vgl. Postman/Weingartner 1969). Authentizität und Lerner*innenorientierung sind nicht umsonst zentrale Paradigmen der Fremdsprachendidaktik, die weiterhin hohe Bedeutung haben (vgl. z.B. zu Authentizität im Englischunterricht: Will 2018). Jedoch haben sie nicht dazu geführt, dass individuelle und soziale Herausforderungen der Lernenden real und kontextsensibel im Unterricht realisiert werden. Dies hat verschiedene Gründe: Einer davon kann die Dominanz des Lehrwerks und seine Verhandlung einer am Prinzip der political correctness ausgerichteten Themenauswahl sein (s.u.), welche sich auch in Lehrplänen (kompetenz- oder inhaltsorientiert) widerspiegelt (oder Ursache dessen ist). Ein anderer Grund könnte eine Lehrer*innenbildung sein, die ebenso unkritisch (kulturelle) Unterrichtsgegenstände rezipiert und in der Schule einbringt, ohne eine echte demokratische Teilhabe der Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen. Pennycook (1997/1999) merkt allerdings kritisch an, dass ein zu sehr am Konstrukt demokratischer Partizipation aufgehängter Fremdsprachenunterricht Gefahr läuft, sich methodisch in Stuhlkreisen zu verlaufen. Vielmehr müssten dezidiert kritische Themen mit lokalen Bezügen zum Gegenstand gemacht, möglichst auch curricular verankert werden. Die Identitätsentwicklung der Schülerinnen und Schüler, das Ernstnehmen ihrer sozialen Strukturiertheit bzw. eine Sensibilisierung dafür, sich für die Bedürfnisse anderer einzusetzen, muss auch fachlich ausdifferenziert werden (vgl. Norton 2011, Bonnet 2018). Dabei reicht es nicht, wie in der Vergangenheit, nur nach individuellen Faktoren oder Lernendenvariablen (wie z.B. Motivation) einen differenzierenden Unterricht zu gestalten. Die Rolle bzw. subjektive Bedeutung des investments innerhalb einer sozialen Strukturiertheit und des Kontexts des Unterrichts scheint ungleich bedeutender (vgl. Norton 2000/2011): „For example, a student may be a highly motivated learner, but may not be invested in the language practices of a given classroom if the practices are racist, sexist, or homophobic.” (Darvin/Norton 2015: 37; Hervorhebung im Original)
Es wird im Folgenden noch klarer werden, wie dies methodisch-didaktisch umgesetzt werden kann.