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Kritische Erziehungswissenschaft
ОглавлениеVielleicht am deutlichsten zeigte sich dieser Einfluss in der Kritischen Erziehungswissenschaft, die als solche – im Gegensatz zur Kritischen Pädagogik (s.u.) – heute kaum noch begrifflich als Disziplin auftritt. Gemeint war damit seinerzeit der durch die Student*innenbewegung der 1960er Jahre geprägte „Bezug auf Traditionen sozialistischer Pädagogik der Weimarer Republik sowie die Marxsche Theorie“ (Sünker 2007: 424). Wesentlich schließen sich die Prinzipien an diejenigen der Kritischen Theorie an, diskutieren pädagogische Konstrukte aus sich heraus, kritisieren dabei besonders die ungenügende Reflexion „der gesellschaftlichen Produktions- wie Reproduktionsprozesse in ihrer Bedeutung für Bildung und Erziehung“ (ebd.: 424). Wesentlich für die Zeit ist die Kritik an Eliten und am Kapitalismus sowie an deren beider Einfluss im weiter auszugestaltenden Bildungssystem. Das eigentliche Ziel ist die wachsende Mündigkeit der Schülerinnen und Schüler, Förderung demokratischen Denkens gegen jedwede Entstehung von Machtstrukturen, die Erstarkung antiautoritärer Erziehung sowie reformpädagogischer Konzepte.
Praxistheoretisch zeigte sich dies – neben den Einflüssen Adornos auf höherer Ebene – besonders durch Klafkis Kritisch-konstruktive Didaktik (2007), die er auf Basis und als Reaktion auf Kritik an seiner bildungstheoretischen Didaktik erweiterte. In „epochaltypischen Schlüsselproblemen“ sollen sich anhand besonders dringender sozialer Probleme (wie Gleichberechtigung, Krieg und Frieden, Umwelt) Fertigkeiten auf Seiten der Lernenden einstellen, die zu einem verantwortungsvollen, kritischen Umgang mit diesen bzw. auch neu auftretenden Phänomenen führen. Klafkis Prinzip der „kategorialen Bildung“ verlangt, dass ein Unterrichtsgegenstand immer zugleich einen Wert an sich sowie einen formalen Bildungsgehalt hat. Letzterer zeichnet sich dadurch aus, dass er „elementar“, „fundamental“ sowie „exemplarisch“ ist, d.h. der Unterrichtsgegenstand ist einfach vermittelbar, dabei gleichzeitig essentiell nötig für ein Weltverstehen und dabei typisch und potenziell in seinem Sinn übertragbar auf andere Zusammenhänge. Oft nur auf Einzelstunden bezogen, obwohl es Klafki immer um größere Planungszusammenhänge ging, werden Themen bzw. Gegenstände vor allem bezüglich ihrer Beispielhaftigkeit, ihrer Gegenwarts- sowie ihrer Zukunftsbedeutung für Lernende hinterfragt mit dem Ziel, deren „Selbstbestimmungsfähigkeit, Mitbestimmungsfähigkeit, Solidaritätsfähigkeit“ (Jank/Meyer 2002: 231) in einem gesellschaftlichen Sinne zu fördern.