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MARTIN GUNDLACH Gefordert und getragen – Die Gottes-Linien und Gottes-Zumutungen in meinem Leben

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Als AUFATMEN 1995 startete, war ich gerade zum Bundes- Verlag gekommen. Ich hatte meinen Job als Lehrer in Bayern (zum Entsetzen vieler!) hinter mir gelassen und in dem kleinen Verlag angeheuert, in dem damals gut ein Dutzend Menschen beschäftigt war. Dort übernahm ich die Redaktionsleitung der Jugendzeitschrift DRAN in Witten. Als Neueinsteiger im Zeitschriftenmachen beobachtete ich aus der Ferne, wie Uli Eggers und sein Team zeitgleich in unserem Verlagshaus (aber in der Redaktion in Cuxhaven) das Magazin AUFATMEN gründeten. Der Untertitel wurde damals festgelegt und hat sich bis heute nicht geändert: »Gott begegnen. Authentisch leben.«

Ich war damals ein Freund der zweiten Hälfte dieser Zeile: authentisch leben. Aufgewachsen in der frommen Landschaft hatte ich an vielen Stellen erlebt, dass Worte und Taten nicht immer übereinstimmten. Dass Nächstenliebe gelegentlich nur bis an die Grenze des eigenen Gemeindehauses ging und dass hinter manch einer frommen Fassade auch ganz viel Menschliches steckte: Neid, Missgunst oder Machtgelüste. Aber jetzt: authentisch leben, überzeugend leben. Worte und Taten in Übereinstimmung bringen, den Weg bahnen für einen neuen Lebensstil. Das fand ich aufsehenerregend.

Das Vorangesetzte »Gott begegnen« empfand ich damals, Ende zwanzig, als die etwas lahmere erste Hälfte des Slogans. Gott begegnen – das war die fraglos nötige fromme Anbindung des Titels AUFATMEN, der sonst weltanschaulich nicht identifizierbar gewesen wäre. Hier und heute beschreibe ich, warum sich die Gewichtung im Lauf der Jahre für mich verändert hat.

Zum Glück ist »authentisch leben« heute keine exotische Vorstellung mehr, sondern hat sich in den letzten Jahren als Stil in weiten Teilen (nein, nicht überall!) durchgesetzt. Gerade für die jüngere Generation gilt: »Authentisch leben« ist die Grundvoraussetzung für – alles. Nur wer als Person stimmig lebt und erscheint, der wird überhaupt gehört.

Zum anderen hat sich mein Bild von »Gott begegnen« komplett verändert. Wer von klein auf in einer christlichen Familie aufwächst und die Geschichten der Bibel früh hört, wer als Dreijähriger lernt, selbst laut zu beten – der ist gesegnet mit Eltern, die für ihr Kind das Beste wollen. Gesegnet – das war ich, das bin ich bis zum heutigen Tag, und ich verdanke meinen Eltern viel. Sie brachten mir Gott nahe.


Lange war Gott für mich wie ein weiteres Familienmitglied. Nicht zu sehen, aber es wurde immer von ihm und mit ihm gesprochen. Sein guter Ruf eilte ihm voraus, für all die Segnungen in unserem Leben war er der Zuständige. Er war wie der größere Bruder von Papa oder Mama, noch ein wenig stärker, noch ein wenig mächtiger und noch zuverlässiger als sie. Kindliche Gottesvertrautheit nenne ich diesen Zustand, in dem sehr viel Positives liegt.

Aber das ist nicht die ganze Wahrheit.

Denn in dieser Gottesvertrautheit liegt immer auch die Gefahr, Gott und die Gottesbegegnungen zu banalisieren oder zu instrumentalisieren.

Nach meiner Kindheit begegnete Gott mir manchmal auch völlig unerwartet, komplett unvorhersehbar, schwer verstehbar. Er berief mich hinein in Möglichkeiten, die ich mir kaum zutraute. Und er warf mich hinein in Lernfelder, die ich mir nie ausgesucht hätte.

Wach!

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