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3.3.2 Bonner Erklärung 1955

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Die Bonner Erklärung für die dänische Minderheit von 1955 ist eine parallele Erklärung zur Kopenhagener Erklärung für die deutsche Minderheit in Dänemark. Mit den fast gleichlautenden, jeweils unilateralen Bonn-Kopenhagener-Erklärungen wurden beide Minderheiten in gleicher Weise anerkannt. Die Erklärungen garantieren den Minderheiten ihre allgemeinen Rechte und die formelle Gleichberechtigung, eine subjektive Definition des Nationalitätsprinzips wurde festgestellt, und der Gebrauch der dänischen Sprache von den Angehörigen der dänischen Minderheit ist in der Bonner Erklärung garantiert. Wörtlich heißt es:

Artikel II Absatz 1: Das Bekenntnis zum dänischen Volkstum und zur dänischen Kultur ist frei und darf von Amts wegen nicht bestritten oder nachgeprüft werden.

Artikel II Absatz 2: Angehörige der dänischen Minderheit und ihre Organisationen dürfen im Gebrauch der gewünschten Sprache in Wort und Schrift nicht behindert werden.

Der Gebrauch der dänischen Sprache vor den Gerichten und Verwaltungsbehörden bestimmt sich nach den diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften.1

Die Erklärung macht keine Aussage darüber, ob die Minderheitensprache die Muttersprache der Mitglieder oder Ausdruck der Zugehörigkeit zu dem Staat ist, dem sich die Minderheit verbunden fühlt. Es heißt dort lediglich, dass die Mitglieder der dänischen Minderheit und ihre Organisationen nicht daran gehindert werden dürfen, die Sprache ihrer Wahl zu sprechen und zu schreiben. Es wird jedoch hinzugefügt, dass die Verwendung der Minderheitensprache „vor den Gerichten und Verwaltungsbehörden […] sich nach den diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften [bestimmt]“ (Art. II. Abs. 2, s.o.). Das bedeutet, dass die Sprachwahl und der Sprachgebrauch frei bestimmt werden können, dass jedoch die Gesetzgebung Deutsch als Amtssprache in bestimmten Situationen vorschreiben kann.

Die Verwendung der Formulierung „die gewünschte Sprache“ anstelle von „die Minderheitensprache“ macht den Absatz interpretierbar. Aus heutiger Sicht bestand jedoch 1955 kein Zweifel daran, dass die Absicht der Erklärung zur Sprachverwendung darin bestand, den Mitgliedern der Minderheit die Wahl der Minderheitensprache zu gewähren. Zu dieser Zeit waren Sprachpolitik und Sprachplanung in den meisten europäischen Nationalstaaten von der Idee des Sprachnationalismus dominiert. Ihr zufolge sind nationale Identität und nationale Sprache naturgemäß und untrennbar miteinander verbunden. Die Nationalsprache gilt in diesem Konzept als Ausdruck der Solidarität des Volkes sowie der Einheit der Nation und ist das Bindeglied zwischen den nationalen Minderheiten und dem Staat, dem sie sich verbunden fühlen. Demgegenüber beinhaltet die Idee des Sprachpluralismus ein Konzept von Mehrsprachigkeit und sprachlicher Vielfalt und akzeptiert, dass jede Sprache oder jeder Dialekt eine Reihe von Bereichen hat, in denen ihr bzw. ihm ein hoher Stellenwert zukommt. Wenn der Wortlaut der Kopenhagener Erklärung, „die gewünschte Sprache“, sprachpluralistisch interpretiert wird, könnten die dänischen Minderheitsmitglieder – bis auf wenige Ausnahmen – Dänisch bzw. Sydslesvigdansk oder den dänischen Dialekt Sønderjysk oder Deutsch und Niederdeutsch verwenden. Im täglichen Leben zeigt sich ein Sprachverhalten, das diesen Sprachpluralismus widerspiegelt. Einige ältere Mitglieder der Minderheit interpretieren den Wortlaut jedoch eher sprachnationalistisch und plädieren für die alleinige Verwendung der Minderheitensprache Dänisch. Das Nebeneinander dieser beiden Konzepte führt zu einer anhaltenden Sprachdebatte.

Handbuch der Sprachminderheiten in Deutschland

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