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2.2 1920–1945
ОглавлениеNach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg wurde im Jahr 1920 die Grenzfrage auf der Grundlage der Prinzipien des Selbstbestimmungsrechts der Völker durch Volksabstimmung (Artikel V des Prager Friedens von 1866) entschieden. Durch das Abstimmungsergebnis wurde Schleswig geteilt. Der nördliche Teil fiel an Dänemark, der südliche verblieb bei Deutschland.
Bereits vor der Volksabstimmung stellten die Dänen im südlichen Teil Schleswigs eine Minderheit dar. Doch erst nach 1920 begannen sie, sich als Minderheit zu organisieren und das Gebiet als Sydslesvig/Südschleswig zu bezeichnen. Es handelt sich hier um eine nationale Minderheit, d.h. die Angehörigen der Minderheit besitzen eine andere Nationalität als die der umgebenden Mehrheit, und ihre Nationalität stimmt nicht mit ihrer Staatsangehörigkeit überein. Als nationale dänische Minderheit identifizieren sie sich mit Dänemark als Land und mit seiner Sprache und Kultur. Über die Zugehörigkeit zur Minderheit entscheidet jede Person selbst; es findet keine offizielle Erfassung statt; ebenso bestehen keine Zugangsbedingungen.
Dem Status als nationale Minderheit entspricht, dass Dänemark sich bereiterklärte, die dänische Minderheit als zu Dänemark zugehörig anzuerkennen. Die offizielle Anerkennung findet ihren Ausdruck u.a. darin, dass der dänische Staat der dänischen Minderheit in Sydslesvig/Südschleswig seit 1920 eine jährliche Kulturbewilligung für solche Einrichtungen zur Verfügung stellt, in denen der Gebrauch der dänischen Sprache eine zentrale Rolle einnimmt: das dänische Schulwesen, die dänische Kirche, dänische Bibliotheken und verwandte Bereiche. Politische Aktivitäten sollen demgegenüber in privaten Vereinigungen stattfinden, da in diesen Kontexten Deutsch verwendet wird. Diese Aufteilung reflektiert, dass aus der Sicht Dänemarks die Übereinstimmung von Sprache und nationaler Einstellung zentral ist. Die Kulturbewilligung trug wesentlich zum Ausbau des dänischsprachigen Schul- und Vereinswesens bei, was wiederum den Gebrauch der dänischen Sprache unterstützte und verstärkte.
Die Verfassung der Weimarer Republik gab der dänischen Minderheit die Möglichkeit, die dänische Sprache und Kultur zu bewahren; der Besuch einer dänischen Schule setzte allerdings voraus, dass Dänisch die Muttersprache war und dass die Eltern im Gebiet der Minderheit geboren waren. Da jedoch die Muttersprache vieler Angehöriger der Minderheit inzwischen Deutsch war, wurden nur wenige Kinder in die beiden dänischen Kommunalschulen (1.–7. Klasse) in Flensborg/Flensburg aufgenommen. Um dem Bedürfnis der dänischgesinnten, doch deutschsprechenden Eltern, ihre Kinder auf Dänisch beschulen zu lassen, entsprechen zu können, richteten die dänischen Flensburger 1920 den Dansk Skoleforening for Flensborg og Omegn (‚Dänischer Schulverein für Flensburg und Umgebung‘) ein, der die Bewahrung der dänischen Sprache und Kultur zum Ziel hatte. Mit Unterstützung durch Dänemark eröffnete der Schulverein eine Anzahl dänischer Schulen und beteiligte sich an der Einrichtung dänischer Kindergärten. In der Zeit bis 1940 befanden sich in den dänischen Schulen bis zu 915 Schülerinnen und Schüler, und in den Kindergärten wurden bis zu 212 Kinder betreut.
Daneben fand die dänische Sprache seit 1920 Verbreitung durch die Vermittlung dänischer Kultur in Den slesvigske Forening (‚Schleswigscher Verein‘), der sich auch sozial und politisch engagierte. Kulturvermittlung geschah darüber hinaus in verschiedenen anderen Vereinen und Vereinigungen, u.a. in Sportvereinen, die sich als Sydslesvigs danske Ungdomsforeninger (SdU; ‚Südschleswigs dänische Jugendvereine‘) zusammenschlossen.
Die sprachpädagogische Arbeit auf dem Land, außerhalb der Reichweite der städtischen Schulen und Vereine, wurde von Wanderlehrern wahrgenommen. Eine neu eingerichtete Bibliothek in Flensborg/Flensburg spielte eine unterstützende Rolle, und als mobile Bibliotheken, Nebenstellen und Schulbibliotheken folgten, wurden dänische Bücher für alle zugänglich. Die dänischgesinnte Bevölkerung im grenznahen Gebiet hatte zudem die Möglichkeit, den Sender Danmarks Radio zu empfangen und Dänisch zu hören.
Darüber hinaus bestand der Wunsch, Dänisch auch im Gottesdienst zu verwenden, um eine Übereinstimmung zwischen nationaler Zugehörigkeit und Kirchensprache zu erlangen.
In der Zeit des Nationalsozialismus (1933–45) wurden die dänischen Vereine und Schulen zunächst fortgeführt, doch dem Ausdruck dänischer Identität wurde mit politischer Aggression begegnet. Die Mitgliederzahlen der Minderheiten sanken deutlich, und im Zweiten Weltkrieg wurden die Kulturbewilligungen aus Dänemark eingestellt.