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1.5 Schmerzen

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Schmerzen sind eine subjektive Erfahrung, denn jeder Mensch nimmt seinen Schmerzzustand anders wahr, verarbeitet ihn auf andere Weise und geht anders damit um, daher können Schmerzen nicht objektiviert oder gemessen werden. Menschen mit geistiger Behinderung leiden in gleicher Weise unter akuten oder chronischen Schmerzzuständen wie Menschen ohne Behinderung. Da sie häufig nicht in der Lage sind, ihre Schmerzen adäquat mitzuteilen, werden Schmerzzustände nicht erkannt und daher nicht behandelt. Mit zunehmendem Schweregrad der geistigen Behinderung sind die sprachlichen Fähigkeiten auch zur Mitteilung von Schmerzen eingeschränkt, daher sind Betreuer darauf angewiesen, aufgrund von Veränderungen im Verhalten Hinweise auf ein mögliches Schmerzerleben zu erkennen.

Herr et al. (2011) schlagen fünf Schritte vor, um Schmerzen bei geistig behinderten Menschen festzustellen.

1. An erster Stelle steht die Bemühung, eine Aussage des Betroffenen zu erhalten mit Bezug auf Ausmaß und Lokalisation bestehender Schmerzen. Wenn dies nicht möglich ist, erfolgt

2. Feststellung von Krankheitszuständen oder Eingriffen, die Schmerzen verursachen können,

3. Dokumentation von Veränderungen des Verhaltens, die einen Hinweis auf ein Schmerzerleben geben könnten,

4. Besprechung der beobachteten Verhaltensänderungen mit Personen aus dem Umfeld des Betroffenen, die ihn kennen und Erfahrung haben mit Verhaltensänderungen, die möglicherweise Schmerzen zum Ausdruck bringen.

5. Wenn keine Ursache für Schmerzen ermittelt werden kann, ist ein Versuch »ad juvantibus« ein Schmerzmittel zu verabreichen gerechtfertigt. Wenn die Verhaltensänderung verschwindet, spricht dies dafür, dass Schmerzen vorlagen und durch die Schmerzmittel gelindert werden konnten. Trotzdem soll die Ursache des Schmerzes geklärt werden, um eine kausale Behandlung der dem Schmerzzustand zugrundeliegenden Störung einleiten zu können.

Lotan et al. (2012) haben ein Instrument zur Ermittlung von akuten Schmerzen bei Menschen mit geistiger Behinderung und Störungen der Kommunikation entwickelt, die »Non-Communicating Adults Pain Checklist (NCAPC)«. Die Autoren haben Verhaltensänderungen beobachtet, und sie unterscheiden (a) vegetative Reaktionen, dazu gehören die Veränderung der Gesichtsfarbe und eine unregelmäßige Atmung, von (b) Reaktionen höherer Hirnzentren, die verschiedene Schmerzaspekte verarbeiten und sich in charakteristischen Lauten, in emotionalen Äußerungen ausdrücken. Sie sind erkennbar an der Körpersprache, an der Mimik oder an Selbstschutzreaktionen, die den schmerzenden Körperteil gegenüber Berührung abschirmen.

In der folgenden Tabelle ( Tab. 2) werden die ermittelten Äußerungen des Schmerzempfindens erläutert.

Tab. 2: Äußerungen des Schmerzempfindens bei Menschen mit geistiger Behinderung und Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit (Lotan et al. 2012)


KategorienÄußerungen des Schmerzempfindens

Eine Zuordnung von Verhaltensweisen zu möglichen Schmerzzuständen in bestimmten Körperregionen haben Sappok et al. (2019) ermittelt. Sie führen bespielweise anfallsartiges Wälzen und Schlagen auf dem Boden auf mögliche Koliken zurück. Schlagen ins Gesicht und Spucken kann ein Hinweis auf Zahnschmerzen oder Sinusitis sein. Reiben am Ohr kann seine Ursache in einer Ohrentzündung oder Tubenbelüftungsstörung haben. Hals- oder Zahnschmerzen, ein Magengeschwür können zu Nahrungsverweigerung führen. Regurgitation, Rumination können auf Reflux oder eine gastrointestinale Erkrankung hinweisen. Manipulationen im Genitalbereich können ein Harnwegsinfekt oder ein anderer Infekt zugrunde liegen. Bei Harnverhaltung, Frakturen oder sonstigen akuten Schmerzen wurden motorische Unruhe, Fremd- und Autoaggression, Schreien und/oder Schonhaltung beobachtet.

Betreuung und Pflege geistig behinderter und chronisch psychisch kranker Menschen im Alter

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