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3 Wirkungsgeschichte

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Der Text im NT, der den größten Nachhall hatte, ist ein Abschnitt aus dem Kolosserbrief von Paulus: „Er [Christus] ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung“ (Kol 1,15). Der unsichtbare Gott – der deshalb nicht abgebildet werden darf – wird „sichtbar“ aufgrund der Inkarnation. Der Mensch Jesus Christus ist Bild, Erscheinung oder Manifestation des unsichtbaren Gottes (2 Kor 4,4). Dieser und ähnliche Texte haben in der Folgezeit zu zwei diametral entgegengesetzten Interpretationen geführt.

Für die einen war es möglich, sowohl unsichtbare Wirklichkeiten wie auch die Figuren der biblischen Geschichte und alle großen Persönlichkeiten der Kirchengeschichte bildlich darzustellen. Wenn Christus Mensch geworden ist, dann ist es folglich möglich, ihn auch physisch abzubilden. Das gilt umso mehr für andere, weniger wichtige Personen. Ein Text, der in dieser Hinsicht oft zitiert wird, ist Joh 14,8–10: „Philippus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns. Jesus antwortete ihm: Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater? Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist?“ Daher die unzähligen sakralen Abbildungen in den verschiedenen Teilen der Christenheit. Hier sind unter anderem die „nicht von Menschenhand gemachten“ Bilder zu nennen (acheirographon, acheiropita, acheiro-poiete), die, verschiedenen legendarischen Traditionen zufolge, den Ursprung für alle Ikonen Christi und der Heiligen bilden.

Für andere hingegen muss das Bild des unsichtbaren Gottes unsichtbar bleiben. Das Bestehen auf der Gottheit Christi bzw. auf der Einzigartigkeit seines Mittler-Seins hat zu dem geführt, was man den Ikonoklasmus oder „Bildersturm“ nennt. In Byzanz dauerte diese Bewegung von 726–843, während das oströmische Reich sich mit den arabischen und bulgarischen Invasionen konfrontiert sah. Mehrere Kaiser lehnten, unterstützt durch das Heer, Bilder unnachgiebig ab, sowohl Ikonen als auch Mosaiken.

Im Westen fällt die Phase des Bildersturms mit dem Beginn der Reformation zusammen. Die biblische Erneuerung und ihre wörtlichere Auslegung sowie der Widerstand gegen den Heiligenkult stehen am Beginn einer Bewegung der Zerstörung von Statuen und sakralen Bildern, die einige Jahrzehnte andauern sollte. Die Bewegung begann in der Schweiz, es folgten Dänemark und Deutschland (Zürich 1523, Kopenhagen 1530, Genf 1535, Augsburg 1537). In Frankreich fällt der Bildersturm mit dem ersten Religionskrieg von 1562 zusammen und betrifft die von den Protestanten eroberten Städte. 1566 erreicht der Bildersturm Flandern und die Niederlande. Die Krise markiert den Beginn des sogenannten „Geusenaufstandes“ gegen die spanische Oberherrschaft, die sich auf die katholische Hierarchie stützte. Die Bewegung des Bildersturms hatte also fast überall sowohl politische als auch religiöse Wurzeln.

Zusammenfassend lässt sich daher sagen: Das Motiv des Bildes erlaubt uns an einem Kernpunkt die ganze Komplexität und Ambivalenz der biblischen Theologie zu begreifen, nämlich an der Frage: Wie können wir uns das Göttliche vorstellen?

Wörterbuch alttestamentlicher Motive

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