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2.4 Schwachstellen im Rohrsystem
ОглавлениеEin Kanalisationssystem besteht aus vielen miteinander verbundenen Rohrleitungen. Diese Verbindungen oder Anschlussstellen sind für das Eindringen von Wurzeln besonders anfällig. Es gibt derzeit kein komplettes Rohrleitungssystem, dass garantiert wurzelfest ist. Baumwurzeln sind in der Lage, alle derzeit auf dem Markt erhältlichen Rohrtypen zu durchdringen (STÅL 1995). Durchgehende Grundleitungen halten zwar die Baumwurzeln für die jeweilige Rohrlänge ab, aber sie können trotzdem durch Einstiegsschächte o. ä. in die Leitung eindringen. Es hat sich erwiesen, dass gerade Hausanschlusskanäle oder Einstiegsschächte das Eindringen von Wurzeln in das Kanalsystem begünstigen. Die Übergänge zwischen Rohrleitungen aus verschiedenen Materialien, wie PVC und Beton, sind ebenfalls sehr anfällige Bereiche im Kanalsystem und häufig Eintrittsstellen für Baumwurzeln (ORVESTEN et al. 2003).
Baumwurzeln haben eine bemerkenswerte Fähigkeit, in die kleinsten Zwischenräume vorzudringen und sie zeigen auch eine hohe Sensibilität für potenzielle Nährstoff- und Wasserquellen. Die Wurzeln „testen aus“, wo das Kanalsystem seine Schwachstellen hat und die Wurzelspitzen wachsen dann in undichte Muffenverbindungen, Risse im Rohrmaterial oder in Übergangsbereiche hinein. Mit Übergangsbereich sind sowohl Übergänge zwischen Abwasserleitung und Einstiegsschacht als auch zwischen Hausanschluss- leitung und Grundleitung gemeint.
Baumwurzeln dringen auf unterschiedliche Weise ein, je nachdem, ob die Rohrleitung Schmutzwasser oder Regenwasser führt.
Durch Schmutzwasserkanäle fließt permanent Wasser mit hohem Nährstoffgehalt; gleiches gilt auch für die mancherorts noch vorhandenen Mischwasserleitungen. Dies macht solche Kanäle für Pflanzen besonders anziehend und deshalb befindet sich in Abwasserleitungen häufig auch ein von oben herunter hängender Vorhang von Wurzeln. Wenn an einer Abwasserleitung darüber hinaus an einem Leck Schmutzwasser austritt, bildet sich unterhalb des Lecks ein anaerober Bereich (Abbildung 2), in dem keine Wurzeln wachsen, was aber zu einem vermehrten Eindringen von der Seite und von oben in das Rohr führt, ausgehend von Substrat, das wahrscheinlich entweder feucht oder gesättigt, aber aerob ist. Mit dem Schmutzwasser können ebenfalls Phosphate oder andere Nährstoffe exfiltrieren, die das Wurzelwachstum stimulieren.
Abbildung 2: Im anaeroben Milieu unterhalb des Lecks ist kein Wurzelwachstum möglich
Reine Regenwasserleitungen führen nicht ständig Wasser und können in Perioden mit geringem Niederschlag komplett austrocknen. Daher dringen die Wurzeln häufig von der Unterseite in die Regenwasserleitung ein, da hier die Wachstumsbedingungen für die Wurzeln durch die Restfeuchtigkeit besonders günstig sind.