Читать книгу Lebendige Seelsorge 5/2014 - Группа авторов - Страница 19
KOGNITIVE DISSONANZEN
ОглавлениеIm Deutschen gebrauchen wir das Wort „Witz“ in mindestens drei verschiedenen Bedeutungsvarianten: 1) als etwas, das Vergnügen bereitet, lustvoll und unterhaltsam („einen Witz machen“, englisch: joke), 2) als etwas, in dem das Wesentliche zum Ausdruck kommt, spezifisch und pointiert („der Witz einer Sache“, englisch: wit), und 3) als etwas, das eine Wahrheit enthält, die nicht restlos beschreibbar und in Regeln zu fassen ist („ein Witz, den man erklärt, geht verloren“, im Sinn von Wittgenstein). Der Witz ist das, was in allen Beschreibungen unbeschreibbar bleibt und dennoch notwendig ist, um das Beschriebene zu verstehen. Wer den Witz nicht versteht, dem helfen auch keine Regeln. Man kann dieses Verhältnis auf Religion und Glauben übertragen: sie sind mehr als das, was sich in Geschichten, Formeln und Lehren beschreiben lässt. Wer den Witz dessen, was eine Religion oder was den Glauben ausmacht, nicht versteht, kann auch mit deren Geschichten, Formeln und Lehren nichts anfangen.
Auch wenn die Satire bis in ihre derbsten Formen hinein beliebt war, wurde dem Witz bis in die Neuzeit keine eigene Erkenntniskompetenz zugesprochen. Deshalb liegt die Nähe zwischen Religion und Witz, zwischen Glauben und Humor bis heute nicht sofort auf der Hand. Mit der Romantik (Jean Paul) änderte sich diese Sicht, und die ästhetischen Formen des Humors gewannen sowohl an heuristischem als auch an epistemologischem Wert. Aus diesem Geist heraus und in Auseinandersetzung mit der antiken Philosophie Platons beschrieb Søren Kierkegaard den Humor als Vorstufe zum Glauben („Religion inkognito“), die den Sprung von der ethischen zur religiösen Ebene ermögliche: „Der Humorist setzt beständig […] die Gottesvorstellung mit anderen zusammen und bringt den Widerspruch heraus – aber er verhält sich nicht selbst in religiöser Leidenschaft […] zu Gott, er verwandelt sich selbst in eine scherzende und doch tiefsinnige Durchgangsstelle für alle diese Umsatzgeschäfte… Der Religiöse tut dasselbe, er setzt die Gottesvorstellung mit allem zusammen und sieht den Widerspruch, aber in seinem Innersten verhält er sich zu Gott…“ (Kierkegaard, 214f.) Im Sinn der sokratischen Maieutik öffnet demnach der Humor den Blick für eine andere Welt. Er führt uns durch das Widersprüchliche, Ungereimte und Absurde dieser Welt hindurch zu einer anderen Sichtweise. So ist es auch mit dem Glauben. Dieser stürzt – so Kierkegaard – aber nicht in Verzweiflung, sondern weckt Hoffnung daraus: „Credo quia absurdum/Ich glaube, weil es absurd ist“ (Tertullian).