Читать книгу Lebendige Seelsorge 5/2014 - Группа авторов - Страница 4
ОглавлениеSchauen, Seufzen, Staunen
Über den Sinn für Humor in Theologie und Seelsorge
„Haben Sie Humor, wenn Sie alleine sind?“ fragt Max Frisch in seinem Fragebogen zu Humor. Gut, wer hier mit „Ja“ antworten kann, denn beim Humor handelt es sich um eine Haltung, die sich zuerst in der Geselligkeit mit sich selbst bewährt. Lachen über sich selbst, gerade wenn es überhaupt nichts zu lachen gibt oder man eher heulen könnte – das ist die Grundlage für Humor, der sich auch in den Beziehungen zu Anderen bewährt. Gisela Matthiae
Vier Clowninnen stehen während eines Kurses auf der Improvisationsbühne. Das Bild, das ihnen vorgegeben ist, heißt: Überfüllter Strand! Das kennen alle, die aus Versehen schon einmal zur heißesten Jahreszeit Urlaub an einem sehr beliebten Badeort verbracht haben, also fast alle. Drückende Hitze, schwere Badetasche geschultert, große Liegematte unter den Arm geklemmt und kein freies Plätzchen in Sichtweite. Da ist alles dabei, was es für ein wunderbares Clownspiel braucht: ein Problem, Menschen mit unterschiedlichen Interessen, ein schwer erreichbares Ziel. Doch es wären keine Clowns, wenn ihnen gleich die Lust verginge. Im Gegenteil, wohlgemut staksen sie los, rempeln hier jemanden an, stolpern da über eine Sandburg und entdecken, ebenfalls typisch im Clowntheater, erstaunlich viele freie Plätzchen auf den ausgebreiteten Handtüchern, die doch allesamt schon belegt sind. So gelingt es ihnen gar, sich in unmittelbarer Nähe miteinander, wenn auch auf vier verschiedenen Handtuchplätzchen niederzulassen. Hier breiten sie sich nun genüsslich aus, cremen sich ein und nicken mit einem gewinnenden Lächeln dem Besitzer des Strandlakens auf seiner anderen Hälfte zu. Und weil ihrem sympathischen Charme niemand widerstehen kann, wird bald zusammen Picknick gemacht und sogar ein Fläschchen Wein ausgepackt. Die missliche Situation hat sich in Wohlgefallen aufgelöst und man ist sich näher gekommen.
Clownerie ist für mich eine wunderbare Form des komischen Theaters zur Einübung in die Haltung des Humors. Jede Szene vereint in sich die Ingredienzen für humorvolles Verhalten. Voraussetzung ist eine missliche Situation. Dazu kommt ein unerschütterlicher Optimismus, dass sich trotzdem eine Lösung finden wird. Schließlich wird der Wagemut gefordert, sich mitten hinein in die Schwierigkeiten zu begeben. Dort werden Kleinigkeiten entdeckt, die ansonsten meist übersehen werden. Durch einen Funken Kreativität entsteht auf einmal eine geniale Lösung, mit der sich schließlich alle wohl fühlen. Was hier für diese Szene gilt, kann sich im Alltag, im Beruf und gerade auch in Seelsorgesituationen ebenfalls ereignen. Die missliche Situation hat man dort meist schon. Alles andere ist eine Sache der Aufmerksamkeit, der Entdeckungsfreude, der Risikobereitschaft und des eigenen Schalks. Dabei ist Humor kein bestimmtes Repertoire an Interventionsmöglichkeiten. Humor ist vielmehr eine Haltung, aus der heraus sich bestimmte Verhaltensweisen nahelegen, je nach Situation immer wieder andere. Auch wenn Humor heutzutage nahezu als Allheilmittel gilt: in Therapie, Bildung, bei Krankheiten, im Management, und einem wie Zauberei vorkommen mag – leicht zu definieren ist er nicht, dieser Humor. Näher beschreiben lässt er sich allerdings, und zwar über Merkmale, die eine verblüffende Ähnlichkeit zum christlichen Glauben aufweisen. Deshalb wird Humor aber noch lange nicht zu einer göttlichen Angelegenheit, über die nun auch die Menschen plötzlich verfügen. Mit Humor lässt sich Menschlichkeit verwirklichen, durchaus in dem Sinn, wie Menschen von Gott gemeint sind, nämlich als Ebenbilder oder als Ikonen Gottes. Bei der Beschreibung der Merkmale von Humor fange ich da an, wo jeder Humor seinen Ausgangspunkt hat: Im Schlamassel! Und daher: