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Fazit

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Wie ist es zu erklären, dass sich nach heftigem Richtungsstreit im schweizerischen Offizierskorps Willes Denken spätestens nach der Annahme des neuen Militärorganisationsgesetztes im Jahre 1907 als dominant erwies, wenn auch nicht hegemonial durchsetzte? Wille hatte mit seinem Konzept eine Antwort auf eine doppelte Problemlage: Er hatte eine Antwort auf die rasant zunehmende Führungsproblematik auf dem feuerintensiven Gefechtsfeld, welches keine geschlossenen Formationen und bald auch keine Schützenlinien mehr zuliess.23 Und er hatte eine Antwort auf die gesellschaftliche Entwicklung, welche als dekadent-verweichlicht gedeutet wurde und zunehmend von sozialen Spannungen geprägt war. Die nachhaltende Wirkung seiner Militärpädagogik auf die Schweizer Armee über den Zweiten Weltkrieg hinaus ist nur damit erklärbar, dass die Schweiz weder im Ersten noch im Zweiten Weltkrieg Kriegsteilnehmer war. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde jedoch Willes preussisch-deutscher Erziehungsund Pflichtbegriff bei der jungen Offiziersgeneration, welche sich um die Zeitung Volk und Armee scharte, kritisch infrage gestellt.24 Die Erkenntnisse der gruppenorientierten Psychologie und Soziologie liessen Willes Erziehungskonzept als gescheiterter idealistischer Autoritarismus erscheinen.25 Den Reformern war aufgegangen, dass die Militärpädagogik Willes glauben machte, mit der besseren soldatischen Männlichkeit – mit besserem Soldatentum – Kriege gewinnen zu können. Ein Glaube, der 1945 ein zweites Mal enttäuscht wurde, aber in der Schweizer Armee trotzdem vorerst weiterlebte und erst in der Zeit nach den Oswald-Reformen Ende der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts allmählich verblich.

Militärisches Denken in der Schweiz im 20. Jahrhundert La pensée militaire suisse au 20e siècle

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