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IV. Spannungsverhältnis von Marktbehauptung und anwaltschaftlichem und sozialpolitischem Anspruch
ОглавлениеEine Ordnungspolitik sozialer Dienstleistungen zielt darauf, diesbezügliche Märkte so zu ordnen, dass sie im Interesse hilfebedürftiger Bürger wirken können. Aber auch auf angemessen geordneten Märkten bleibt ein Spannungsverhältnis zwischen den Herausforderungen und Zwängen, die caritative Dienstleister im Markt ausgesetzt sind, und ihren anwaltschaftlichen und sozialpolitischen Ansprüchen. Die verbandliche Caritas muss eine Doppelrolle einnehmen, sie vertritt sowohl anwaltschaftliche als auch unternehmenspolitische Interessen. Dabei stehen alle Gliederungen und Mitglieder der Caritas unter intensiver Beobachtung, ob sie glaubwürdig handeln, ob ihr unternehmerisches Handeln vereinbar ist mit ihren anwaltschaftlichen und sozialpolitischen Positionen. Wenn sie sich für bestimmte rechtliche Regelungen einsetzen, so stoßen sie nicht selten auf Vorbehalte, dies vorrangig zu fordern, um ihren eigenen Geschäftsbereich zu erweitern. Dieser Vorwurf wird absurderweise auch dann erhoben, wenn sich diese Forderungen auf Hilfefelder beziehen, in denen kaum eine Kostendeckung zu erreichen ist, wie dies bei Hilfen für Menschen in besonders prekären Lebenslagen häufig gegeben ist.
Um glaubwürdig zu handeln, muss die verbandliche Caritas ihre Hüte sauber sortieren. Wenn es um unternehmerische Interessen geht, etwa bei Fragen der Gemeinnützigkeit oder der Refinanzierung sozialer Leistungen, dann sollten diese offen benannt werden. Die Vertretung unternehmerischer Belange ist schließlich völlig legitim. Tabu muss sein, leistungsrechtliche Reformen, zumal solche, die die Wahlrechte hilfesuchender Bürger stärken, mit anwaltschaftlichen oder fachpolitischen Argumenten zurückzuweisen, wo einen doch in Wirklichkeit die Sorge umtreibt, noch nicht ausreichend gewappnet zu sein, wenn Hilfesuchende mehr Wahlrechte erhalten. In der Auseinandersetzung über das Persönliche Budget sind diese beiden Ebenen anfangs immer wieder vermischt worden. Im Folgenden sollen die letztlich nicht aufzulösenden Dilemmata angesprochen werden, die sich bei Arbeit der verbandlichen Caritas im Spannungsfeld zwischen Marktbehauptung und Leitbild prägen.8