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3. Zwischen Refinanzierungsbedingungen und Qualitätsstandards
ОглавлениеDie beruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden und die Nutzer ihrer Dienste und Einrichtungen erwarten, dass unter dem Dach der Caritas eine Hilfe erbracht wird, die hohen fachlichen Standards entspricht, wohnortnah angeboten wird und möglichst flexibel den unterschiedlichen Bedarfen der hilfesuchenden Bürger entspricht. Ob ein solcher Anspruch erfüllt werden kann, hängt aber nicht allein von der Bereitschaft und den unternehmerischen Leistungen der Caritas ab, sondern wird in starkem Maße durch die leistungsrechtlichen Bestimmungen und die Refinanzierung seitens der Leistungsträger bestimmt. Der Zusammenhang zwischen Preis und Qualität, der den Konsumenten in anderen Märkten bestens vertraut ist, ist im Bereich der sozialen Dienstleistungen verdeckt, weil häufig die Finanzierung der Leistungserbringer direkt durch die Leistungsträger erfolgt und die Kosten dem Hilfeberechtigten oft nicht einmal bekannt sind. Eine aus Sicht der Nutzer unbefriedigende Qualität wird dann vorschnell als Defizit der Leistungserbringer attribuiert, auch wenn sie Folge nicht verrückbarer Grenzen der Personalausstattung ist. Latent oder offen wird der Caritas entgegengehalten, wenn „es um den Menschen geht“, dürfe „das Geld“ keine Rolle spielen.
Allerdings sollen die Ausführungen zum Spannungsverhältnis zwischen den Refinanzierungsbedingungen und den Qualitätsstandards die Leistungserbringer nicht pauschal exkulpieren. Nur wer unter den gegebenen Refinanzierungsbedingungen am Qualitätsoptimum arbeitet, kann mit Verweis hierauf berechtigt jeglichen Anspruch auf Qualitätsverbesserung abwehren. Zwar sind Personalschlüssel als eine zentrale Determinante der erreichbaren Dienstleistungsqualität ohne Vereinbarung mit den Leistungs- und Kostenträgern nicht erweiterbar. Aber es bleibt ein weites Feld von Dimensionen der Leistungserbringung, die darüber entscheiden, welches Maß an Teilhabe und Nutzerzufriedenheit unter den Refinanzierungsbedingungen geleistet werden kann.
Die Grenzen, die die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit setzen, können Wohlfahrtsverbände ein Stück weit dehnen, wenn sie ihre Stärken ausspielen. Das berufliche Hilfesystem und das bürgerschaftliche Engagement sind im Miteinander gefordert. Zum Glück gehen die über lange Zeit gepflegten Vorbehalte hauptamtlicher Kräfte gegenüber dem ehrenamtlichen Engagement in den Diensten und Einrichtungen zurück: sie verdränge berufliche Arbeit, schwächte professionelle Standards, lüde den Staat ein, sich aus der sozialen Verantwortung zurückzuziehen. Erst in der kooperativen Verschränkung von beruflichem Hilfesystem und zivilgesellschaftlichem Engagement kann es gelingen, Dienste niederschwelliger zu gestalten und Kooperationen im Sozialraum zu erschließen.