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2. Zwischen Marktbehauptung und öffentlicher Erwartung
ОглавлениеDie Dienste und Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände stehen untereinander und mit privatgewerblichen Trägern in einem Wettbewerb, der politisch gewollt ist. Weit verbreitet ist hierzu aber eine schizophrene Haltung bei Politik und Öffentlichkeit: Einerseits soll sich die Caritas im Wettbewerb behaupten, andererseits werden aber unternehmerische Entscheidungen, die damit notwendigerweise verbunden sind, als in Teilen anrüchig empfunden. Dies gilt für alle gemeinnützigen Akteure, für die kirchlichen Verbände aber in verschärfter Weise. Will ein Träger aus Caritas oder Diakonie beispielsweise aufgrund wegbrechender Finanzierung eine Dienstleistung reduzieren oder einen Dienst aufgeben, wird ihm vorgeworfen, „allein des Geldes wegen“ hilfesuchende Menschen im Stich zu lassen. Mit besonderen Risiken der öffentlichen Reputation sind betriebsbedingte Kündigungen verbunden, die angesichts der hohen Abhängigkeit der Leistungserbringer von öffentlicher Refinanzierung ebenfalls nicht immer vermieden werden können. Häufig findet eine den Kritikern nicht bewusste Vermischung zwischen einer individualethischen und einer sozialethischen Argumentationsebene statt. Es erfordert von den Leitungskräften erhebliches Rückgrat, unangenehme unternehmenspolitische Entscheidungen, die zur Sicherung eines Dienstes bzw. der sie tragenden Organisation notwendig sind, gegen die Erwartung durchzusetzen, dass die Kirche „so was nicht tun darf“.