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Wann und wie sollte man Comics im Unterricht einsetzen?

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1. Es gibt keine Faustregel dafür, wann man Comics im Unterricht einsetzen kann oder soll. Ein Comic kann – je nach Unterrichtsgestaltung – an den unterschiedlichsten Stellen im Unterricht seinen Platz finden. Dies kann dementsprechend am Anfang, innerhalb oder am Ende einer Unterrichtsreihe sein.

2. Eine in diesem Zusammenhang wichtige Frage lautet, wie lang denn ein Comic sein darf oder muss. Auch auf sie gibt es keine eindeutige Antwort und keine Regel, die beachtet werden müsste. Folglich können im Philosophie- und Ethikunterricht Four-Panel-Strips, Ausschnitte aus Comic-Heften, Kurzgeschichten, ein Comic-Heft, mehrere Comic-Hefte (, die eine Geschichte ergeben,) oder auch Graphic Novels besprochen werden.

3. Was die Frage betrifft, wie Comics im Philosophie- bzw. Ethikunterricht genutzt werden können, ergeben sich eine Reihe von Möglichkeiten, etwa

um eine Stunde zu eröffnen,

um zu einem Thema hinzuführen oder ein Thema zu rekapitulieren,

um sich mit einer philosophischen Theorie auseinanderzusetzen,

um ein Gedankenexperiment durchzuführen,

um ein philosophisches Problem deutlich zu machen oder

um ein Dilemma zu diskutieren.

Im Folgenden sollen diese Aspekte anhand von Beispielen erläutert werden:

Häufig werden Comics als Impulsgeber am Anfang einer Stunde genutzt, um die Schülerinnen und Schüler auf ein Thema einzustimmen oder um sie zum Thema der Stunde hinzuleiten. Comics, die für diesen Zweck eingesetzt werden, können oft auch nicht mehr leisten; in den meisten Fällen wäre es sogar unmöglich, mit ihnen eine Unterrichtsstunde Philosophie zu füllen. Dies gilt auch für den auf der folgenden Seite abgebildeten Comic, der z. B. in das Thema »Freundschaft« einzuführen könnte11.

Die Schülerinnen und Schüler können in Bezug auf diesen Comic sämtliche Gefahren aufzählen und beschreiben, die Sven Glückspilz durchläuft, um seinem Freund Hägar einen Hamburger zu bringen (schwieriger Weg an einer Liane durch den Dschungel, Überqueren eines Gewässers durch Hüpfen von einem Krokodilrücken zum anderen, Verfolgung durch wilde Tiere und Sprung über eine Kluft sowie Schwimmen durch ein Gewässer bei Gewitter). Ferner können sie sagen, dass Hägar den Freundschaftsdienst Svens mit der Frage quittiert, warum er nur einen Hamburger und keine Pommes frites erhalten habe. Darüber hinaus können sie noch konstatieren, dass der Comic dadurch lustig wird, weil Hägar überhaupt nicht weiß, welche Gefahren Sven Glückspilz auf sich genommen und überwunden hat, um sein Ziel zu erreichen, nämlich seinem Freund den (wahrscheinlich bestellten) Hamburger unbeschadet zu übergeben. Da aus philosophischer Sicht nicht mehr aus dem Comic herausgeholt werden kann, kann dieser nur dazu genutzt werden, um die Schülerinnen und Schüler zum Thema der Stunde zu führen oder um sie auf das neu zu bearbeitende Unterrichtsthema einzustimmen.

Comics können auch dazu genutzt werden, um z.B. in die Problematik eines Themas einzuführen oder um bereits behandelte Themen zu rekapitulieren. Um das Gelernte noch einmal zu wiederholen und zu kontrollieren, ob der methodische Zweifel bzw. der Weg zum Cogito verstanden wurde, bietet sich folgender Comic an12:



Was Schülerinnen und Schüler in der Auseinandersetzung mit dem Comic leisten sollen, ist Folgendes:

¬Sie sollen erkennen, dass Rolf sich mit dem rationalen Beweisgang Descartes’ beschäftigt, ob die Erkenntnis »Ich denke, also bin ich« überhaupt richtig ist.

¬Sie sollen die von Rolf aufgeworfene Frage diskutieren, ob es sich bei seiner Vorstellung von ihm als seiendem Wesen um eine Täuschung handelt, die ihm durch einen Traum vorgegaukelt wird, oder ob er nicht nur ein Teil eines »bösen« Traumes ist, den ein anderer gerade träumt.

¬Sie sollen eine begründete Antwort auf die Frage finden, ob er überhaupt existiert. Das Kriterium »Ich denke« hilft Rolf nicht weiter, weil er die Möglichkeit in Betracht zieht, dass er denken könnte, er würde gerade denken. Wenn dieser Gedanke richtig wäre, käme Rolf in einen Regress in infinitum und er müsste den Gedanken immer weiterdenken, ohne je zu einem Ende gelangen zu können.

¬Sie sollen herausarbeiten, dass Kenny nicht alle Schritte der cartesischen Beweisführung, die zum »Ich denke, also bin ich«13 führen, in seine Überlegungen einbezieht. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler noch einmal erklären, wie Descartes zu seiner Erkenntnis gelangt, weil sonst nicht klar ist, auf welcher Grundlage die drei von Rolf aufgeworfenen Probleme diskutiert werden können.

Insbesondere in philosophischen Comics gelingt es oft auf hervorragende Weise, komplexe und/oder komplizierte Theorien so vereinfacht darzustellen, dass sie von Schülerinnen und Schülern gut nachvollzogen werden können. Unter der Voraussetzung, dass Bild und Wort sich sinnvoll ergänzen, können selbst schwierige Theorien von den Jugendlichen nachvollzogen und verstanden werden. Ein gutes Beispiel dafür sind sie Gottesbeweise von Thomas von Aquin, die Fred van Lente und Ryan Dunlavey in ihrem Comic über den mittelalterlichen Philosophen dargestellt haben.14 Sie haben für diesen keinen eigenen Text geschrieben, sondern ihn einer englischen Übersetzung der Summa theologica entnommen. Für die hier vorliegende Fassung wurde der Text des katholischen Akademieverbandes15 in die Sprechblasen eingefügt.


Während der reine Text des Aquinaten für Schülerinnen und Schüler nicht einfach nachzuvollziehen ist, ändert sich dies, sobald seine Theorie durch Bilder unterstützt wird. In dem gewählten Ausschnitt aus dem Comic erläutert Thomas seine Lehre selbst anhand von gezeichneten Beispielen: So stutzt der Kinderarzt, weil er eigentlich kein Baby, sondern ein der Mutter en détail gleichendes Kind zur Welt bringt. Dadurch, so erklärt Thomas, soll die Unmöglichkeit deutlich gemacht werden, dass »etwas seine eigene Wirkursache ist«. Dass etwas sich selbst erschaffen kann, ist unmöglich, weil es sich dann »selbst im Sein vorausgehen [müsste]«. Auch die thomistische Erklärung, dass die Wirkursache nicht ins Unendliche gehen kann und dass es ohne eine erste Ursache keine Wirkung gebe, ist – ohne genauer darauf einzugehen – anhand der drei Darstellungen mit Domino-Steinen ebenso sofort nachvollziehbar wie die von Thomas gezogene conclusio, dass, wenn es aufgrund der gesetzten Prämissen eine erste Wirkursache gibt. Wenn es aber eine erste Wirkursache gibt, so kann diese, wie Thomas glaubt, bewiesen zu haben, nur »Gott« heißen.


Die meisten Comics sind schon in ihrer Anlage Gedankenexperimente. Die Frage nach dem: »Was wäre, wenn …«, steht häufig im Raum und führt direkt in philosophische Fragestellungen aller Richtungen. In dem One-Shot WHAT IF … Aunt May had died instead of Uncle Ben?16 wird beispielsweise der Frage nachgegangen, ob Peter Parker alias Spider-Man sich ebenfalls zu einem moralischen Menschen entwickelt hätte, wie er es in unzähligen Abenteuern unter Beweis stellt, wenn nicht Onkel Ben, dessen Tod er in letzter Konsequenz mitverschuldet hat, sondern Tante May gestorben wäre. Wie wäre Spider-Mans Geschichte verlaufen, wenn er sich zu einem skrupel- und gewissenlosen Menschen entwickelt hätte, der sich weder für seine Umwelt noch für seine Mitmenschen interessiert, sondern dem es allein um sein Wohlergehen geht?

Comics können auch dazu beitragen, ein philosophisches Problem deutlich zu machen. Die Kurzgeschichte L’hôte von Albert Camus umfasst fünfzehn Seiten17, während der gleichnamige Comic mit sieben Seiten auskommt.18 Inhaltlich unterscheidet sich der Comic nicht von der Kurzgeschichte und die philosophischen Fragen nach Freiheit und Verantwortung stehen bei ihm genauso im Mittelpunkt wie in dem literarischen Werk.

In vielen Comic-Geschichten sind Dilemmata enthalten, die sich schon allein deshalb für den Unterricht eignen. Dilemmata können nämlich, wie Kohlberg und Rolf herausstellen, dazu beitragen, dass Schülerinnen und Schüler lernen, eine begründete Position zu beziehen.19

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