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Comic-Adaptionen philosophischer Texte

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Über das Verhältnis von Literatur und Philosophie kann gestritten werden. Mehrfach wird jedoch betont, dass Literatur gewinnbringend im Philosophie- und Ethikunterricht eingesetzt werden kann, da literarische Werke als ansprechend, abwechslungsreich und zugänglich gelten.17 Es erscheint naheliegend, dass sich diese Vorzüge literarischer Textformen auch auf Comics und Graphic Novels übertragen lassen.

Dieser Abschnitt befasst sich mit Comicumsetzungen philosophischer Texte. Die meisten solcher Bildgeschichten sind Adaptionen literarischer Texte von Philosophinnen und Philosophen, z.B. eine Umsetzung von Camus’ Erzählung Der Fremde (von Jacques Ferrandez) und Prousts siebenbändigem Roman Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (von Stéphanes Heuet). Vereinzelt lassen sich auch Comic-Adaptionen diskursiver Texte finden wie jüngst von Marx’ und Engels’ Das kommunistische Manifest (von Martin Rowson). Darüber hinaus werden in einigen Bildgeschichten philosophische Ausführungen wiedergegeben. Vor allem Platons Höhlengleichnis lässt sich gleich mehrfach finden, z. B. in Craig Thompsons Blankets (S. 495–503) und in Ralf Königs Prototyp (S. 67–72).

Viele Anwendungen solcher Comics für den Unterricht scheinen naheliegend und wurden in der Philosophiedidaktik bereits vorgeschlagen:

1. Ein Vergleich des philosophischen Comics mit dem Primärtext kann zu einem vertieften Verständnis des Textes führen. Darauf wies bereits Kai Wiesinger für den Oberstufenunterricht hin.18 Dieses Vorgehen kann ergänzt werden, indem verschiedene Comic-Adaptionen und der zugrundeliegende Text verglichen werden. Durch einen Vergleich der Bildgeschichten miteinander könnten die jeweiligen Merkmale besonders anschaulich herausgearbeitet und die Schülerinnen und Schüler so im Umgang mit Comics geschult werden. Zwar scheint die Anzahl von philosophischen Comic-Umsetzungen überschaubar zu sein, jedoch liegen zumindest für Platons Höhlengleichnis mehrere Versionen vor, die ins Deutsche übersetzt worden sind.

2. Es ist zu überlegen, inwiefern ein Comic einen Text ersetzen kann.19 Für Wiesinger und seine Lerngruppe20 scheint der Primärtext notwendig für ein tiefergehendes Verständnis, jedoch steckt gerade im Comic das Potential einer Vereinfachung der philosophischen Inhalte und die Anbindung an die Lebenswelt der Jugendlichen (so taucht in Wiesingers Adaption, die einer studentischen Zeitung entnommen ist, die Figur des Morpheus aus dem Film Matrix auf und in Thompsons Version bezieht der Protagonist Platons Ausführungen auf sein Schulleben). Gibt eine Comic-Adaption die zentralen Aussagen des Primärtextes adäquat wieder, so kann auch die alleinige Auseinandersetzung mit der Bildgeschichte Inhalte der Philosophiegeschichte vermitteln und durch das Herausarbeiten der Argumente zudem zentrale Fähigkeiten bei den Lernenden schulen.21 Außerdem können Bildgeschichten eingesetzt werden, um im Unterricht Sachwissen zu vermitteln. Für die Sekundarstufe I schlägt Katrin Seele etwa die Thematisierung von Siddhartha Gautamas Leben durch einen Comic vor.22

3. Anstelle eines Fokus auf die philosophischen Argumente, welche meist im Text enthalten sind, kann ein Fokus auf bildliche Zeichen und Symbole lohnenswert sein. Dies würde eine besondere Abwechslung zur Textarbeit bieten. Beispielsweise kann eine Analyse von Farbgebung, gewählten Symbolen, Mimik oder Gestik der gezeigten Proletarier in Rowsons Adaption des kommunistischen Manifests dazu führen, dass die Ausführungen von Marx und Engels anschaulicher und eindringlicher vermittelt werden können, als dies beim Primärtext der Fall wäre. Mit Stefan Maegers Ausführungen zu einer philosophischen Bilddidaktik kann argumentiert werden, dass gerade die Analyse bildlicher Zeichen zu einer intensiven Beschäftigung mit dem Lerngegenstand führt, z.B. durch eine Diskussion der Bedeutungsebenen oder eine interpretative Hypothesenbildung und -beurteilung.23 Auch in anderen Zusammenhängen des Philosophie- und Ethikunterrichts kann eine Untersuchung der Symbole und Zeichen relevant sein.24

Welche unterrichtlichen Nachteile können mit den aufgeführten Vorgehensweisen verbunden sein? Einerseits ist ein nicht zu unterschätzender Zeitaufwand damit verbunden, die einzelnen Comics zu analysieren und miteinander bzw. mit dem philosophischen Primärtext zu vergleichen. Auch im Unterricht würde viel Zeit für den Vergleich benötigt. Dass gerade dieses Vorgehen aber lohnenswert ist, hat bereits Wiesinger dargelegt. Sollten Comics eingesetzt werden, so scheint es erforderlich, dass dies regelmäßig geschieht, damit die Schülerinnen und Schüler einen kritischen Umgang25 mit dem Medium erlernen. Auch dies muss die Lehrkraft zusätzlich in ihrer Zeitplanung bedenken.

Auswahl an Adaptionen philosophischer Werke:

Camus/Ferrandez: Der Fremde. Jacoby & Stuart 2014.

Proust/Heuet: Suche nach der verlorenen Zeit. Knesebeck 2010–2020 (bislang 7 Bände).

Marx/Engels/Rowson: Das kommunistische Manifest. Knesebeck 2018.

Hervor sticht außerdem die Promotionsarbeit von Nick Sousanis, die er in Comicform einreichte und veröffentliche. In Unflattening setzt er sich nicht nur mit Fragen der Erkenntnistheorie, sondern auch mit der Darstellungsform des Mediums auseinander, und zeigt dabei, wie die Gestaltungsmittel von Comics eingesetzt werden können, um philosophische Ausführungen zu vermitteln.

Graphic Novels, die Adaptionen philosophischer Theorien oder Texte enthalten26:

Mazzucchelli: Asterios Polyp. Eichborn 2009. (enthält Ausschnitte aus Platons Symposion)

Thompson: Blankets. Carlsen 2009. (gibt Platons Höhlengleichnis wieder)

König: Prototyp. Rowohlt 2010. (enthält u.a. ebenfalls das Höhlengleichnis)

Philosophieren mit Comics und Graphic Novels

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