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1.2 Grundtypen ethischen Argumentierens

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Drei Hauptmodelle ethischen Argumentierens kann man idealtypisch unterscheiden, die sich jeweils auf unterschiedliche Aspekte einer Handlung beziehen. Deontologische Ethikansätze (griech. to deon: die Pflicht) fragen, ob die Handlung den moralischen Pflichten entspricht. Konsequenzialistische Ethiken beurteilen eine Handlung hingegen allein nach der moralischen Qualität ihrer Folgen (Konsequenzen). Die Tugendethik stellt schließlich den Charakter des Handelnden in den Mittelpunkt und fragt, ob seine Haltungen, Einstellungen und Dispositionen moralisch angemessen sind. Die Unterscheidung zwischen deontologischer, konsequenzialistischer und Tugendethik spielt nicht nur in der Moralphilosophie eine Rolle, sondern charakterisiert gleichermaßen drei verschiedene Arten moralischer Argumentation im Alltag (zur Übersicht vgl. Tab. 1). Bezeichnen wir eine Handlung als moralisch richtig, weil sie pflichtgemäß ist, weil sie das beste Ergebnis hervorbringt oder weil sie in angemessener Haltung des Handelnden vorgenommen wurde? Auch in vielen medizinethischen Kontroversen finden sich die unterschiedlichen Argumentationsformen wieder. So treffen z. B. bei der Frage der Verteilung knapper Spenderorgane deontologische Argumente (gleiche Chance, ein Organ zu erhalten) und konsequenzialistische Argumente (den Gesamtnutzen durch die Organe maximieren) aufeinander. Bei Fragen der Therapiebegrenzung am Lebensende treffen deontologische Argumente wie das Gebot, menschliches Leben zu erhalten oder die Selbstbestimmung des Patienten zu respektieren, auf konsequenzialistische Argumente, die sich auf die Folgen des Einsatzes lebensverlängernder Maßnahmen beziehen (z. B. Leiden des Patienten verlängern). Zudem kann man eine Entscheidung danach beurteilen, in wie weit die Haltungen (Tugenden) der beteiligten Personen angemessen war. Haben sie ihre Entscheidung z. B. mit größter Sorgfalt und Umsicht getroffen oder nicht? Die drei Argumentationsmodelle seien im Folgenden näher erläutert.

Tab. 1 Ethische Theorie-Familien in der Übersicht (modifiziert nach Pellegrino 1995, The Moral Event): Unterschiedliche ethische Theorien nehmen jeweils einen anderen Aspekt der moralischen Entscheidungssituation in den Blick.

Handlungssubjekt Handlung Folgen
Theorie Tugendethik Deontologische Ethik Konsequenz​ialistische Ethik
Fokus Charakter-Eigenschaften Pflichten (Regeln, Gebote) Auswirkungen von Handlungen
Beispiele Wahrhaftigkeit, Einfühlungs​vermögen, Vertrauenswürdigkeit Selbstbestimmung des Patienten respektieren; Leben erhalten Abwägung von Nutzen und Schaden intensiv​medizinischer Maßnahmen
Praxisbuch Ethik in der Intensivmedizin

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