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2.1 Konzentration von Mitteln und Kompetenz

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Ausgangspunkt für die Entstehung und Entwicklung der Intensivmedizin waren die großen Polio-Epidemien in den 50er-Jahren, insbesondere in den skandinavischen Ländern und den Vereinigten Staaten. Die Erkenntnis, dass eine einfache, aber apparativ und personell aufwändige Maßnahme – namentlich die Überdruckbeatmung – zu einer dramatischen Reduktion der Letalität der an Polio erkrankten Patienten führte, etablierte nicht nur diese Form der Behandlung als akzeptierten medizinischen Standard, sondern lieferte gleichzeitig das Wissen, dass eine derartige Therapie, die eine besondere Ausstattung und hohen personellen Aufwand erfordert, sinnvoller Weise nicht verteilt über die unterschiedlichen Stationen eines Krankenhauses angeboten werden kann, sondern viel mehr eine Konzentration auf spezielle, dafür vorgesehene, geographisch gebündelte Einheiten erfordert. Henrik Ibsen, einer der Protagonisten dieser Entwicklung, formulierte bereits 1952 während der Hochphase der Polioepidemie: „All patients with respiratory problems were collected in a special department, where they were under constant observation by a team, consisting of the epidemiologist, the ear, nose and throat surgeon, and the anaesthesist, all working with help from an excellent and capable laboratory. Later on radiologists and physiotherapists also helped“. [Ibsen 1954] In seinem Rückblick auf 25 Jahre Tätigkeit als Anästhesist in Kopenhagen schreibt er: „Soon after (the polio epidemic) I could offer the following suggestions: […] 6. Centralization of the treatment to special departments (of intensive therapy) according to certain rules“. [Ibsen 1975]

Bereits die Anfänge der Intensivmedizin lassen somit zwei wesentliche Charakteristika erkennen:

1. Intensivmedizin erhält die vitalen Funktionen, unterstützt und ersetzt Organfunktionen und überwacht kontinuierlich die damit verbundenen Prozesse.

2. Intensivmedizin stellt medizinische und medizintechnische Verfahren, fachliches Wissen gepaart mit einer hohen Personaldichte zur Verfügung, um Zeit für das Wiedererlangen und die Stabilisierung gestörter oder verlorener Körper- bzw. Organfunktionen zu gewinnen und damit die betroffenen Patienten in eine Situation zu versetzen, in der sie wiederhergestellt oder mit bleibenden Defekten ein individuell akzeptables Leben unabhängig vom Umfeld der Intensivstation führen können. Damit überbrückt und ermöglicht Intensivmedizin im Erfolgsfall das Überleben und die Rückkehr des betroffenen Patienten in unabhängiges, selbstbestimmtes Leben.

Praxisbuch Ethik in der Intensivmedizin

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