Читать книгу Praxisbuch Ethik in der Intensivmedizin - Группа авторов - Страница 4
Vorwort
ОглавлениеIntensivmedizin ist 2020 weltweit durch die COVID-19-Pandemie wie nie zuvor in die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit geraten. Die Verfügbarkeit von Intensivbetten und Beatmungsplätzen, der engagierte Einsatz der Intensivteams und deren Belastungsgrenzen sind zu Themen in allen Medien geworden. Sie führten zu politischen Entscheidungen und beeinflussen den Alltag aller Menschen.
Die ungewohnte Aufmerksamkeit tut denen gut, die in der Intensivmedizin arbeiten, als Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern und -pfleger, Techniker:innen, Physiotherapeut:innen, Hygienefachkräfte, Reinigungskräfte, Sekretär:innen, Seelsorger:innen und Stationshilfen. Doch reicht nicht allein die Wahrnehmung dessen, was sie für Menschen in kritischen Lebenssituationen leisten und welche eigenen Belastungen das körperlich und psychisch bedeutet. Es sind auch Hilfen zur Bewältigung und Entlastung nötig, politisch, psychosozial, finanziell und durch Neuordnung der Arbeitsstrukturen. Ziel muss es sein, dass professionell geschulte und erfahrene Fachkräfte diesem lebenswichtigen Arbeitsfeld erhalten bleiben und zusätzliches Personal gewonnen wird.
Dieses Buch möchte einen bescheidenen Beitrag dazu leisten.
Je leistungsfähiger die Medizin geworden ist, desto häufiger stellen sich ethische Fragen. Ist das, was wir können, in der konkreten Situation sinnvoll, angemessen und vom Patienten gewollt? Erlebte Erfolge der Intensivmedizin faszinieren, erfahrene Grenzen belasten, nagen an der psychischen Stabilität aller Beteiligten und fordern zur ethischen Reflexion heraus. Das war schon vor der Pandemie der Fall, hat sich aber noch verschärft. Kaum planbare Ausnahmesituationen an den Grenzen des Lebens und die trotz allen Engagements sterbenden Patienten sowie der Umgang mit deren Angehörigen stellen hohe Anforderungen an die medizinische, pflegerische und ethische Kompetenz.
Die Bedeutung ethischer Überlegungen zeigt sich auch in der Nachfrage nach diesem Buch, das jetzt in vierter Auflage erscheint. Verlag und Herausgeber freut dieser für ein Fachbuch ungewöhnliche Erfolg. Die Neuauflage, die während der COVID-19-Pandemie entstand, möchte mit dem seit 2008 erfolgreichen Konzept auch angesichts der neuen Herausforderungen konkrete Hilfe für die Praxis der Intensivmedizin sein.
Alle Beiträge sind durchgesehen, aktualisiert und zum Teil grundlegend überarbeitet. Dabei konnten kompetente (Co-)Autor:innen gewonnen werden. Zwei neue Beiträge machen die COVID-19-Pandemie zum Thema und ein zusätzliches Beispiel in der Fallsammlung greift einen häufig erlebten Konflikt dazu auf. Den grundlegenden Beitrag zur Ethik hat ein neues Autorenteam übernommen. Dem immer wichtiger werdenden Thema Demenz in der Intensivmedizin ist ein eigener, neuer Beitrag gewidmet.
Ich danke allen Autorinnen und Autoren, dass sie die Themen zeitgerecht und praxisnah bearbeitet haben. Wir denken an Prof. Theda Rehbock, die für ihren philosophischen Beitrag keine Kraft mehr zur Überarbeitung fand, die bisherige Fassung aber kurz vor ihrem Tod noch zum Druck freigab.
Danke an Dr. Thomas Hopfe und Susann Weber von der Medizinisch Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft Berlin für die auch bei der vierten Auflage hervorragende Begleitung und Unterstützung.
Mein Wunsch ist es, dass dieses Buch eine Hilfe ist, mit den schwierigen Herausforderungen der Intensivmedizin zurechtzukommen, und es trotz aller Grenzerfahrungen Mut und Freude macht, sich der Versorgung kritisch Kranker zu stellen. Vielleicht trägt es auch dazu bei, dass die Öffentlichkeit versteht, was Intensivmedizin leistet und worüber die dort Tätigen nachdenken.
Lemgo, Juni 2021
Fred Salomon