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1.7 PERMA-Lead im Gesundheitswesen: Ein Blick in die Wissenschaft

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Gastbeitrag von Markus Ebner

Was macht eine gute Führungskraft aus? Diese Frage ist in den letzten hundert Jahren recht unterschiedlich beantwortet worden. Meinungen dazu, wie man richtig führt, gibt es genau so viele wie Menschen, die sich darüber austauschen. Und diese widersprechen sich teilweise diametral und haben mehr mit der eigenen Lebenserfahrung und den eigenen Werten als mit einer objektiv nachgewiesenen Wirkung zu tun. Einer der ersten Ansätze war beispielsweise, dass am besten die Person Führungsverantwortung übernimmt, die in der Sache selbst die höchste Expertise hat. Ganz konkret soll also die beste Ärztin im Team Stationsleiterin werden. Das war zumindest die Logik dieses Ansatzes. In späteren Jahrzehnten änderte sich das Bild einer guten Führung. Nun wurde als gute Führungskraft definiert, wer in der Lage ist, gute Beziehungen innerhalb des Teams zu gestalten. Und in den späten 1960er-Jahren glaubte man fest daran, dass alle Menschen nach Selbstverwirklichung streben – und eine gute Führungskraft das fördern soll. Und genau hier setzt die Wissenschaft an, um die unterschiedlichen Hypothesen aufgrund von objektiven Daten entweder zu bestätigen oder zu verwerfen.

Unzählige Studien machten bereits deutlich, dass Führungsverhalten einen starken Einfluss auf die Mitarbeitenden hat. Gerade in der Pflege ist das doppelt wirksam, da der Führungsstil nicht nur die direkt geführten Personen, sondern auch deren Patientinnen beeinflusst. Das zeigte eine großangelegte Metastudie, die die University of Western Ontario 2013 veröffentlichte18. In dieser wurden Zusammenhänge zwischen Führungsverhalten im Pflegebereich und verschiedenen patientenrelevanten Fakten erhoben. Die Ergebnisse zeigten signifikante Zusammenhänge zwischen Führungsstil und Patientenzufriedenheit, Mortalität und Medikationsfehlern.

Mein Team und ich haben in den letzten Jahren mit PERMA-Lead ein praxistaugliches Modell und das dazu passende Messinstrument entwickelt, das Positive Leadership-Verhalten anhand von konkreten fünf Faktoren wissenschaftlich untersucht und daraus praxisbezogene, evidenzbasierte Verhaltensweisen für den Alltag ableitet. Im Vordergrund steht dabei konkretes Führungsverhalten, um PERMA bei den Mitarbeitenden zu erhöhen:

P-Lead (Positive Emotions): Ein Positive Leader trägt dazu bei, dass sich Mitarbeitende am Arbeitsplatz wohlfühlen, zufrieden sind und Freude bei der Arbeit haben.

E-Lead (Engagement): Ein Positive Leader gibt seinen Mitarbeitenden Aufgaben, die ihren individuellen Stärken entsprechen, und hilft ihnen, diese Stärken auszubauen. Er unterstützt Mitarbeitende dabei, Fähigkeiten zu erkennen.

R-Lead (Relationships): Ein Positive Leader sorgt dafür, dass sich Mitarbeitende im Team gegenseitig unterstützen und wertschätzend miteinander umgehen. Er trägt dazu bei, dass sich jeder als Teil des Teams erlebt.

M-Lead (Meaning): Ein Positive Leader trägt dazu bei, dass Mitarbeitende Sinn in ihrer Arbeit erleben und dass sie wissen, wofür ihre Arbeit wichtig ist. Er vermittelt seinen Mitarbeitenden, dass sie wertvolle Arbeit leisten.

A-Lead (Accomplishment): Ein Positive Leader freut sich mit seinen Mitarbeitenden, wenn sie Ziele erreicht haben, und lobt sie dafür. Er gibt seinen Mitarbeitenden positives Feedback, wenn etwas erreicht wurde.

In unserer Forschung konnten wir belegen, dass sich diese fünf Bereiche messbar auf die Burn-out-Gefährdung der Mitarbeitenden auswirken, die Fluktuation sowie Krankenstandstage senken und die Arbeitszufriedenheit erhöhen19. Aber auch die Führungskräfte selbst profitieren von diesem Stil, beispielsweise durch ein geringeres Belastungserleben, gesteigerte Kreativität und einen besseren Schlaf.

In einer kürzlich durchgeführten Schwerpunktstudie haben Mitarbeitende aus verschiedenen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens ihre Führungskräfte nach den PERMA-Lead-Kriterien bewertet (s. Abb. 3). Gleichzeitig haben wir die Erwartungshaltung an die Führungskräfte abgefragt. Soviel gleich vorweg: Die Erwartungshaltung ist sehr hoch, vielleicht sogar unrealistisch hoch. Problematisch ist allerdings, dass das wahrgenommene positive Führungsverhalten im Vergleich zu anderen Branchen unter dem Durchschnitt liegt. Gerade diese Diskrepanz zwischen dem Erwünschten und dem Erlebten ist ein Trigger für chronische Unzufriedenheit am Arbeitsplatz, wie ich es auch in der Praxis als Coach oft im Gesundheitsbereich erlebe.

Abb. 3 Bewertung der Führungskräfte verschiedener Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens nach den PERMA-Lead-Kriterien. In Anlehnung an Ebner (2019)

Die gute Nachricht ist allerdings, dass sich dort, wo die unmittelbaren Vorgesetzten als Positive Leader erlebt werden, messbar positive Effekte zeigen. So ist beispielsweise die durchschnittliche Burn-out-Gefährdung in Teams, in denen die Führungskraft als Positive Leader wahrgenommen wird, um mehr als die Hälfte geringer als in jenen Teams, in denen das nicht der Fall ist (s. Abb. 4). Dabei wurde diese durchschnittliche Burn-out-Gefährdung mit dem BOSS-Screening abgetestet, einem der meistverwendeten psychologischen Diagnostiktests, um Burn-out-Gefährdung zu messen.

Abb. 4 Burn-out-Gefährdung in Teams, je nachdem, ob die Führungskraft als Positive Leader wahrgenommen wird oder nicht. In Anlehnung an Ebner (2019)

Erwartungsgemäß zeigten unsere Daten auch, dass die Burn-out-Gefährdung im Gesundheitsbereich generell höher als im Durchschnitt der arbeitenden Bevölkerung ist. Das ist nicht verwunderlich, da die Fähigkeit zur emotionalen Abgrenzung – unabdingbar in diesen Berufen – nicht selten dazu führt, dass Pflegekräfte im Verhältnis zum Leid der Patienten oft die eigenen beginnenden Burn-out-Warnzeichen unterschätzen.

Dass hier die Führungskräfte einen maßgeblichen Beitrag zur Burn-out-Prävention leisten können, ist somit eine gute Nachricht, weil sie zeigt, welchen hilfreichen Einfluss Positive Leader haben.

Ein Grund für diesen positiven Effekt ist, dass sich PERMA-Lead als Führungsstil messbar auf das Selbstvertrauen der Mitarbeitenden auswirkt. Auch das zeigt unser Forschungsprojekt. Positive Leadership erhöht bei Beschäftigten im Gesundheitsbereich konkret das Selbstvertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, stärkt die Resilienz gegen psychische Erkrankungen und steigert die Ausdauer im Verfolgen von Zielen. Auch zeigten sich bei den Mitarbeitenden von Führungskräften, die gemäß Positive Leadership führten, unterdurchschnittlich viele Krankenstandstage im Vergleich zu jenen, welche nicht nach diesem Stil geführt wurden (s. Abb. 5).

Abb. 5 Vergleich der Krankenstandstage je nach Führungsstil

Die Studienergebnisse zeigen somit eindeutig, wie wertvoll eine gezielte Führungskräfteentwicklung besonders im Gesundheitswesen ist und dass auch trotz herausfordernder Bedingungen Positive Führung mit positiven Auswirkungen möglich und sinnvoll ist.

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