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Isivuno Sama Phupha in Kapstadt und Animal Farm in Johannesburg
ОглавлениеDas Magnet Theatre in Kapstadt spielt in einigen seiner Produktionen ebenfalls Möglichkeiten durch, wie verschiedene kulturelle Hintergründe in Performances miteinander verhandelt werden können. Schon Nelson Mandela forderte einen demokratischen Umgang mit kultureller Vielfalt und die Verfassung der Rainbow-Nation garantiert diese grundsätzlich, aber – mit Blick auf die gegenwärtigen gesellschaftlichen Umstände Südafrikas – vornehmlich noch auf abstrakte Art und Weise. Die künstlerischen Produktionen gehen auf die Suche, welche performativen und ästhetischen Formen genutzt werden können, um die kulturelle Gleichberechtigung auch auf ästhetischer Ebene zu erzielen. So arbeitet der südafrikanische Künstler Mandla Mbothwe mit einem vielfältigen Kulturmaterial und kombiniert in seinen Stücken collagenhaft unterschiedliche kulturelle Performancetraditionen, Rituale und spezifische Alltagskontexte diverser sozialer und gesellschaftlicher Gruppierungen. So auch in Isivuno Sama Phupha1 (Ernte der Träume), einer Kooperation mit Jugendlichen aus dem Township Khayelitsha:
Mbothwe’s concern for the dislocation of township youth and the unsettling nature of migratory experience has led to the creation of a very distinctive aesthetic […]. He uses elements of ritual such as recognisable symbols, the elements of earth, water and fire, ritual anointment and cleansing of the body, and heightened language, to create both a sense of awe and communitas. He draws on inherited African values through the concept of Ubuntu, through the use of his mother tongue, Xhosa. Equally he is influenced by and uses contemporary performance ideas melding physical theatre with visual representations, and working collaboratively in all aspects of production.2
Die vielseitigen Verweise lassen sich dabei nicht auf einen bestimmten kulturellen Kontext reduzieren, obwohl Mbothwe spezifische Rituale und Erfahrungen sozialer und gesellschaftlicher Gruppen wie „Dislocation“, Reinigungsrituale und den Gebrauch einer bestimmten „mother tongue“ zitiert. Vielmehr verdeutlichen die unterschiedlichen Formen der Darstellung, Sprachen und Referenzrahmen, welch Vielfalt die gegenwärtige südafrikanische Gesellschaft ausmacht, die eben nicht in einem Stereotyp oder Klischee und auch nicht in einer biographischen Erfahrung eines_r Darsteller_in aufgeht und längst nicht alle kulturellen Verweise von den Zuschauenden bestimmten Gruppen zugeordnet und verstanden bzw. entschlüsselt werden können.
Auch die südafrikanische Produktion Animal Farm3 verknüpft in der Regie von Neil Copens unterschiedliche performative Traditionen auf besondere Art und Weise. Der Plot von George Orwells bekannter Geschichte bildet zwar eine Grundlage, doch zielt die inhaltliche Kritik nicht auf das stalinistische Russland, sondern auf das gegenwärtige Südafrika, in der zwar laut Verfassung alle Menschen egal welcher Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit oder sexueller Orientierung gleich sind, aber eben manche – wie bei Orwell – „gleicher“ sind als die anderen. Anstatt Gleichheit innerhalb der Vielfalt zu fördern, setzt sich in der gegenwärtigen Gesellschaft Südafrikas eher die rassistisch motivierte Praxis durch: gleich und gleich gesellt sich gern. Wer aus einem anderen afrikanischen Land kommt, hat kein Recht auf Land und Eigentum, wer nicht weiß ist, dem bleiben viele Wirtschaftsetagen verschlossen, und wer keine dunkle Hautfarbe hat, für den ist eine politische Karriere kaum noch denkbar.
Die performative Struktur von Animal Farm hält jedoch dagegen. Sie orientiert sich nicht an üblichen Dramaturgien solcher Adaptionen, sondern wenn, dann eher an afrikanischen Ritualen und setzt diese collagenhaft zusammen, so resümiert Wolfgang Schneider:
Sie singen und tanzen, sie schreien und gestikulieren, sie imaginieren und verfremden […]. George Orwells „Farm der Tiere“ diente als Vorlage, die afrikanische Geschichte war die Folie für ein Theatererlebnis der besonderen Art – irgendwo zwischen Musical und Politthriller, Tragikomödie und Lecture Performance.4
Allein diese Formenvielfalt verweigert sich dem Adjektiv „interkulturell“, nur zwischen verschiedenen Performancetraditionen zu agieren, sondern zeugt eher von einer transkulturellen Ausrichtung, die jedoch abschließend noch spezifiziert werden muss.