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Konzepte, Paradigmen, Theorien Überschreitung des (postdramatischen) Theaters
ОглавлениеPatrick Primavesi (Universität Leipzig)
Mit dem Begriff postdramatisches Theater lassen sich verschiedene Tendenzen in der Theaterpraxis der letzten Jahrzehnte zusammenfassen. Damit geht es jedoch nicht nur um ästhetische oder formale Prinzipien, sondern auch um strukturelle und institutionelle Faktoren. Das sind vor allem neue Arbeitsweisen in einer zunehmend von technischen Medien geprägten Wahrnehmungswelt ebenso wie eine direktere Kommunikation mit Zuschauenden bis hin zu ihrer aktiven Teilnahme. Szenische Aktionen finden häufiger in urbanen Umgebungen außerhalb der Bühnenhäuser statt und schaffen eigene Räume und Situationen der Begegnung. Gewiss hat sich das Attribut „postdramatisch“ als hilfreich erwiesen, um die anhaltende Transformation zeitgenössischer Theaterformen zu beschreiben und deren Verhältnis zur Tradition des Dramas ebenso wie zu den historischen Avantgarden zu erhellen. Andererseits sind mittlerweile – vierzig Jahre nach der Prägung des Begriffs postdramatisches Theater durch den polnischen Theatertheoretiker Andrzej Wirth1 und fast zwanzig Jahre nach dem Erscheinen von Hans-Thies Lehmanns gleichnamiger Studie2 – eine Vielzahl von Problemen zu Tage getreten, welche zum Teil schon die Kategorie postdramatisch selber betreffen, vor allem aber aus ihrer verallgemeinerten, mitunter paradoxalen Anwendung resultieren. Geboten erscheint außerdem eine Erweiterung des diskursiven Horizonts auf Kontexte zeitgenössischer Theaterarbeit. Dabei sind Funktionen und Wirkungsweisen von theatralen Praktiken auch im Verhältnis zum Kulturbegriff und seiner Differenzierung mit Perspektiven der Transkulturalität zu diskutieren. Im Folgenden geht es um die Frage, inwieweit die für Theater, Tanz und Performance strukturell relevante Dynamik der Überschreitung (Transgression, Transition, Transformation etc.) geeignet ist, die Kategorie des Postdramatischen auch in ihrer eigenen Historizität genauer zu bestimmen.