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|26|Einführung 1. Biographisches

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Noch ist die Sozialgeschichte der christlichen Literatur nicht geschrieben. Wer sich an diese Aufgabe macht, wird die enge Verknüpfung von rhetorischer Bildung und hoher sozialer Herkunft kaum übersehen. Gregor von Nazianz, der bedeutendste Rhetor der griechischen Kirche, ist ein gutes Beispiel für diesen Zusammenhang.

Gregor entstammt einer Familie alteingesessener Großgrundbesitzer im kleinasiatischen Kappadokien, wo er zwischen 325 und 330 als Sohn Gregors des Älteren und dessen Frau Nonna geboren wird. Nach der Kinderzeit auf dem elterlichen Gut mit der älteren Schwester Gorgonia und dem jüngeren Bruder Cäsarius beginnt ein atemberaubender Bildungsweg: Grundschule in Nazianz, weiterführender Unterricht im kappadokischen Cäsarea, Rhetorik im palästinischen Cäsarea, philosophische Studien in Alexandria und in Athen.

Weil das Studium der Rede im spätrömischen Imperium zugleich in sämtliches damals vorhandenes „geisteswissenschaftliches“ Wissen einführt, ist Gregor durch sein über anderthalb Jahrzehnte andauerndes Lernen nicht allein zu einem Redner, sondern auch zu einem Denker gereift. Cäsarea und Alexandria haben ihm das Erbe des christlichen Philosophen Origenes, eine Synthese aus antiker Philosophie und christlicher Religion, nahegebracht. Jahre später wird Gregor seine Verbundenheit mit dem Origenes durch die Kompilation der „Philokalia“, einer Exzerpten-Sammlung aus den Werken des christlichen Philosophen, zum Ausdruck bringen.

Auch die Bildung von Netzwerken, „Freundschaften“ in der Sprache Gregors, erfolgt während der Studienzeit. Lebenslang pflegt Gregor die – standesgemäße – Verbundenheit zur Familie des Basilios aus dem nahen kappadokischen Cäsarea, mit dem er gemeinsam in Athen studiert. Wenngleich Bischof Athanasios von Alexandria (298–373) zum Zeitpunkt des Aufenthaltes Gregors in der ägyptischen Metropole ins Exil verbannt war, so trifft Gregor dort doch auf dessen Anhänger, zu denen u.a. der christliche Lehrer Didymus der Blinde (310–398) zählt. Die theologischen Ansichten des Athanasios und seiner Anhänger hatten sich auf dem ersten ökumenischen Konzil zu Nizäa (325) durchgesetzt. Gregor wird sie nie aufgegeben. Gemeinsam mit Basilios und dessen jüngerem Bruder Gregor von |27|Nyssa wird er die „nizänische“ Theologie verteidigen und zugleich philosophisch begründen.

Kaum weniger prägend ist eine andere Begegnung während der Studien in Athen: An seinen damaligen Kommilitonen Julian (331–363), der später als römischer Kaiser dem christlichen Glauben abschwört („Apostata“) und die Restitution des Heidentums unternimmt, kann Gregor auch nach dessen Tod nur unter Schmähungen denken.

Das vierte Jahrhundert ist die Zeit der Entstehung neuer Lebensformen, der monastischen Kommunen, die das traditionelle Leben in der antiken Stadt infrage stellen. Nach seiner Rückkehr aus Athen probiert Gregor eine Zeit lang gemeinsam mit Basilios diese Lebensform aus und lebt im Kloster Annesi am Fluss Iris in der Provinz Pontus. Auch diese Lebensphase wird Gregor prägen: Zeit seines Lebens pflegt er die Askese.

Um 370 begegnet uns Gregor erstmals als Protagonist der großen Kirchenpolitik. Basilios, der in diesem Jahr zum Bischof von Cäsarea aufgestiegen ist, hat ihn aus taktischen Gründen zum Bischof des Fleckens Sasima in Kappadokien geweiht. Gregor duldet dies, wie jedes ihm aufgetragene Amt, nur mit Widerwillen. Im Jahr 379 erfolgt dann ein Karrieresprung: Gregor wird in die Reichshauptstadt Konstantinopel berufen. Mit dieser Berufung hat Gregor freilich nicht wie noch in Sasima eine Sinecure erhalten. In der Hauptstadt sind sein rhetorisches Talent und sein diplomatisches Geschick gefragt, denn die Christen in Konstantinopel sind untereinander zerstritten. Gregor soll die kleine Gemeinde der „Nizäner“, denen er spätestens seit Studientagen verbunden ist, führen. Zu diesem Zweck hält Gregor die „Theologischen Reden“, die für die nizänische Position werben. Gregors Reden werden über alles Erwarten hinaus begeistert aufgenommen. Ein halbes Jahr später wird die Position Gregors durch ein Konzil, das der Kaiser Theodosius I (†395) nach Konstantinopel einberufen hat, bestätigt. Doch schon im Sommer 381 legt Gregor noch vor dem Abschluss des Konzils sein Amt in der Reichshauptstadt nieder und kehrt – entnervt von den kirchenpolitischen Zwistigkeiten und den Intrigen der Hauptstadt – nach Kappadokien zurück. In seinen letzten Jahren entstehen mehrere Reden, Briefe und eine Autobiographie in jambischen Trimetern. Auf seinem Landsitz im kappadokischen Arianz stirbt Gregor um 390.

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