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|11| IV.

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Sehr viel aber lernt man über und für das Predigen zudem, wenn man gute Predigten hört – oder, wenn das nicht möglich ist, zumindest liest. Dem dient dieses Buch. Es stellt beispielhaft gute und bedeutende Predigten vor. Damit will es einen Beitrag dazu leisten, dass wieder stärker bewusst wird, was für ein Kulturgut die Predigt ist, was sie geleistet hat und immer noch leisten kann, wie viel man von ihr erwarten sollte. Damit könnte das Interesse der Hörenden geweckt und die Moral der Predigenden gefördert werden. Die Predigt war wichtig für die Geschichte unserer Religion und darüber hinaus für unsere Kultur. Die Predigt ist heute noch wichtig in der Kirche und darüber hinaus in einer Gesellschaft, in der es die öffentliche Rede allgemein schwer hat. So wie die Kirche einer der letzten Orte ist, in denen Menschen öffentlich und gemeinsam singen, ist sie auch einer der letzten Orte, in denen regelmäßig Reden über Bedeutsames gehalten werden. Auch wenn man zugeben muss, dass viele davon misslingen, sollte man sich die Bedeutung der Predigt nicht wegreden lassen. Die Erinnerung an große Predigten der Vergangenheit mag dabei hilfreich sein.

Diese Sammlung bietet einen langen Gang durch die Geschichte der Predigt: mit Jesus als dem Urbild des Predigers, mit dem fernen Reichtum antiker und mittelalterlicher Theologie und Rhetorik, mit den Reformationen der Predigt in der frühen Neuzeit sowie den großen Umwälzungen in all den auf sie folgenden Modernisierungen des 18., 19. und 20. Jahrhunderts. Fast die ganze Geschichte des Christentums, aber auch der westlichen Welt lässt sich an den großen Predigten dieser Epochen ablesen. Das bietet eine erstaunliche, Staunen erregende Lektüre. Man staunt über die Klugheit, die Kunst, den Mut, die Sensibilität, die Originalität vieler dieser Predigten. Man staunt über den Glauben, der sich darin äußert. In diesem Staunen steckt jedoch zweierlei: eine Bewunderung, aber auch ein Befremden. So stark haben diese Menschen glauben und von ihrem Glauben Zeugnis ablegen können – das möchte man auch können. Zugleich aber sind viele Sicherheiten, die die großen Prediger der Vergangenheit bestimmt und gestützt haben, schwächer geworden oder abhanden gekommen – so kann man heute deshalb nicht mehr predigen. Doch muss das nicht heißen, dass man deshalb das Predigen sein ließe. Man sollte sich von den Vorbildern der Geschichte viel eher anregen lassen, es weiterhin zu versuchen – allerdings auf eine eigene Weise. Denn das ist immer noch das wichtigste Kriterium einer guten Predigt: dass sie |12|– wie schlau, gebildet, kunstvoll, dramatisch gelungen oder auch nicht – ein eigener Versuch ist.

Eins noch, auch auf diesen Gedanken kann man beim Lesen dieses Buches kommen – und dieser Gedanke kann einen verunsichern oder bestärken: So bedeutsam, großartig und bewundernswürdig viele der hier gebotenen Predigten auch sein mögen, sie waren im letzten alle wirkungslos. In einem direkten, handgreiflichen Sinne haben sie allesamt nichts ausgerichtet: die Sünde nicht ausgerottet, die Gottesferne nicht überbrückt, die Zweifel nicht besiegt, die Gewalt nicht beendet, die Ungerechtigkeit nicht aufgehoben, der Zerstörung nicht gewehrt. Auch die besten Predigten bleiben machtlose Worte, wehrlos, nackt und ungeschützt. Man mag das tragisch finden. Man könnte aber auch gerade darin ein Zeugnis für den Gott erkennen, dessen Kraft in den Schwachen mächtig ist.

Johann Hinrich Claussen

Große Predigten

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