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II.

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Predigen ist ein sehr anspruchsvoller Beruf. Das zeigt sich schon daran, dass man so leicht und schnell beschreiben sowie umstandslos viele Beispiele dafür anführen kann, was eine schlechte Predigt ist. Langweilige Predigen in schlechtem Deutsch, kirchentheologisch richtiges, aber innerlich hohles Gerede ohne erkennbaren Bezug zu irgendjemandes Leben, eingetrocknete Bibelexegese, pastoralpathetisches Gedröhn, das die Leere zu übertönen versucht, dadurch aber umso lauter zum Ausdruck bringt. Hilflose Versuche, sich von woandersher Bedeutung zu borgen, indem man zum Beispiel vermeintliche Aktualitäten benennt, politische Problemlagen mehr schlecht als recht beschreibt und moralische Lösungen vorschlägt, von denen jeder im Raum jedoch weiß, dass sie nicht taugen. Oder indem man Allerweltsweisheiten zu allen möglichen individuellen Lebensnöten vorträgt, die man in jedem Ratgeberbuch besser und bequemer nachlesen könnte, für die man also sonntags nicht so früh aufstehen müsste, oder gut gemeinte, aber sehr schlecht gemachte Klimmzüge ins Spirituell-Poetische, die irgendein Gefühl hervorrufen sollen, von dem jedoch keiner zu sagen wüsste, wofür es denn gut wäre. Diese Liste ließe sich leicht lang und breit ausführen. Aber das ist ein ganz unfruchtbares Geschäft. Predigen ist eine geistige Tätigkeit, die nicht dem Grundgesetz der Naturwissenschaften gehorcht, dass Wissensfortschritte vornehmlich durch Falsifikationen zustande kommen: Indem man eine ältere Theorie als falsch erweist, hat man schon die Grundlage für eine neue, bessere, wahrere Theorie geschaffen. So funktioniert das Predigen leider nicht. Das wäre ja schön einfach, wenn man die Ursachen für schlechtes Predigen sammeln und so analysieren könnte, so dass man dann in einem flinken Umkehrschluss folgern könnte, wie es denn richtig ginge. Deshalb sollte man sich mit schlechten Predigten nicht allzu lange aufhalten. Man kann nichts aus ihnen lernen. Sie werden zum Glück auch sehr schnell vergessen.

|9|Allerdings – auch mit dieser Möglichkeit ist zu rechnen – hat es auch schon Predigten gegeben, die objektiv und mit Blick auf alle Kunstregeln schlecht waren, unbeholfen und missraten, und die doch ihre Zuhörer gefunden und ihnen etwas Gutes gegeben haben. Man darf nicht vergessen: Manchmal ist das Predigthören ein aktiverer, konstruktiverer Vorgang als das Predigthalten, in dem die Hörer dem Gesagten etwas entnehmen, was dort gar nicht explizit enthalten war (dies ist besonders häufig bei den sogenannten „Amtshandlungen“ der Fall, den Gottesdiensten zu Taufe, Trauung und Beerdigung, die – hoffentlich – deutlich persönlicher ausfallen als der „amtliche“ Sonntagsgottesdienst). Selbst wenn man also gutbegründet sagen kann, was eine schlechte Predigt ist, kann man sich dabei nie ganz sicher sein, ob sie nicht doch etwas Sinnvolles bewirkt. Auch deshalb ist es besser, sich weniger mit den schlechten Predigten zu befassen, sondern sich der viel schwierigeren Aufgabe zu stellen, nämlich zu klären, was denn eine gute Predigt ist. Ja, was für ein Ding ist das und wie kriegt man es zustande?

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