Читать книгу Kryptowährungen und Token - Группа авторов - Страница 127
b) Bewertungstheorie
Оглавление138
Die Mehrheit der Stablecoins bezieht sich auf Referenzwerte aus traditionellen Assetklassen. Die Volatilität der Preise dieser Referenzwerte – und somit auch der Preis der Stablecoin – ist deutlich niedriger als diejenige anderer Krypto-Assets. Zusätzlich ergibt sich aus der Konzeption einzelner Stablecoins eine direkte, stark positive Korrelation zu dem Preis des jeweiligen Referenzwertes. Das bedeutet, dass die Preise von Stablecoins per Definition eine relativ niedrige Volatilität ausweisen.
139
Gemessen an der Marktkapitalisierung ist Tether aktuell der größte Stablecoin.87 Bei der Betrachtung eines Zeitraumes von zwei Jahren ist ersichtlich, dass die Preisvolatilität von Tether relativ niedrig ist. Im September 2020 wies Tether ein durchschnittliches tägliches Handelsvolumen von ca. 6,2 Mrd. USD auf.88 Dies ist ein deutliches Indiz für eine hohe Marktliquidität und das Vorliegen eines aktiven Marktes. Gemäß der Fair-Value-Hierarchie nach IFRS 13 können Marktpreise bei hinreichender Marktliquidität daher als Aufsatzpunkt für Bewertungszwecke herangezogen werden.
140
Trotz häufig beobachtbarer Marktpreise für Stablecoins und für deren Referenzwerte ist es notwendig, bei der Bewertung bestimmte Risiken zu beachten. Nachfolgend möchten wir dabei insbesondere auf wesentliche Risiken wie Liquiditäts-, Kredit- und operationelles Risiko eingehen. Aus der Betrachtung dieser Risikofaktoren kann sich unter Umständen die Notwendigkeit zur Berücksichtigung von Bewertungsabschlägen ergeben.
Abb. 10: Abweichung vom Referenzwert: Tether – USD. Vgl. CoinMarketCap.com, https://coinmarketcap.com/charts/ (zuletzt abgerufen am 22.9.2020); Lyons/Viswanath-Natraj, in: National Bureau of Economic Research, Inc., Working Paper No. 27136 2020, What Keeps Stablecoins Stable?
141
Liquiditätsrisiko: Beschreibt das Risiko, dass benötigte Mittel zum Begleichen fälliger Zahlungen nicht vorhanden sind oder nur zu erhöhten Kosten beschafft werden können. Bei Stablecoins kann sich dies unter anderem aus der Überlastung der Blockchain-Infrastruktur ergeben. Dies kann zu Preisschwankungen und Verzögerungen bei der Ausführung von Transaktionen führen.89 Aus diesen Wartezeiten können sich möglicherweise hohe Refinanzierungskosten ergeben. Darüber hinaus ist das Liquiditätsrisiko der hinterlegten Sicherheiten (z.B. Fiatwährungen, Rohstoffe, Kryptowährungen) zu beachten, die kontinuierlich zugekauft bzw. verkauft werden, um den Preis des Stablecoins zu stabilisieren. Es besteht daher das Risiko, dass diese Sicherheiten im Zuge der Preisstabilisierung nicht in der benötigten Menge oder Geschwindigkeit am Markt erworben werden können.90 Für die Inhaber von Stablecoins können sich aus Liquiditätsrisiken Preisschwankungen und schlimmstenfalls der Verlust des Marktvertrauens in den jeweiligen Stablecoin ergeben.
142
Kreditrisiko: Umfasst das Risiko, dass ein Kreditnehmer die ihm gewährten Kredite nicht oder nicht vollständig vertragsgemäß zurückzahlen kann oder will. Das Kreditrisiko hat insbesondere für zentralisierte Stablecoins eine große Bedeutung. Derzeit gibt es keine strikten Regulierungen, die vorschreiben, wie Emittenten von Stablecoins diese absichern müssen. Grundsätzlich gilt, dass der Emittent die Sicherheiten auf einem Konto halten muss. Im besten Fall steht dieses unter der Aufsicht eines glaubwürdigen Treuhänders. Dieses Vorgehen ist jedoch nur in dem White Paper des Stablecoins festgehalten. Für den Emittenten ergeben sich gewisse Spielräume bei der Verwaltung der Sicherheiten. In einigen Fällen verwenden Emittenten Sicherheiten, um Kredite zu vergeben und daraus Mehreinnahmen zu generieren.91 Die auf diese Weise eingegangenen Kreditrisiken tragen ebenfalls die Inhaber der Stablecoins. Diese Risiken können zukünftig möglicherweise durch Ausgabe von CBDC reduziert werden, da diese strikten Regulierungen unterliegen werden.92
143
Operationelles Risiko: Schließt das Risiko ein, dass Verluste aufgrund der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Prozessen und Systemen, aufgrund von externen Ereignissen oder aufgrund von menschlichem Versagen verursacht werden. Weiterhin umfasst das operationelle Risiko Rechtsrisiken.93 Zwischen zentralisiert und dezentralisiert organisierten Stablecoins existieren wesentliche Unterschiede im Hinblick auf Prozessrisiken und das menschliche Versagen. Dezentralisierte Stablecoins basieren auf Stabilisierungsalgorithmen, die nach deren Implementierung automatisiert durchlaufen werden. Daher kann für diese Art der Stablecoins ein operationelles Risiko aufgrund von menschlichem Versagen beinahe vollständig ausgeschlossen werden. Dahingegen werden zentralisierte Stablecoins durch private Unternehmen oder Institutionen betrieben und verwaltet. Ausgehend von der fehlenden Transparenz im Markt für Stablecoins ist es schwierig, operationelle Risiken abzuschätzen.
144
DLT-basierte Assets haben zudem ein inhärentes Risiko, dass die ihnen zugrunde liegenden Systeme versagen. Dieses Risiko ist erhöht für Stablecoins, denen On-Chain-Sicherheiten zugrunde liegen und für algorithmisch gesteuerte Stablecoins, die auf Smart Contracts basieren. Zu den technologischen Risiken zählt auch die Möglichkeit eines 51 %-Angriffs94 auf das Netzwerk. Insgesamt sind die den Stablecoins zugrunde liegenden Technologien noch relativ jung und wissenschaftlich noch nicht umfassend erschlossen. Daher ist es unwahrscheinlich, dass im Zuge der Bewertung eine vollständige Analyse dieser Technologien erfolgen kann. Deshalb sollte das Risiko des Systemversagens ebenfalls bei der Bewertung von Stablecoins berücksichtigt werden.
145
Zusammenfassend halten wir fest, dass sich derzeit kein einheitliches Verfahren zur Bewertung von Stablecoins etabliert hat. Die Abschätzung der eventuell zu berücksichtigenden Risikoabschläge ist fallabhängig. Deren Quantifizierung gestaltet sich aktuell aufgrund von Informationsasymmetrien jedoch schwierig. Dies kann sich zukünftig jedoch im Rahmen zunehmende Regulierungen und Offenlegungsverpflichtungen ändern.