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II. Gemeinschaftsrecht im Spiegel der Literatur

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Europäische Publikationslandschaft

Die 1960er Jahre sind das Jahrzehnt, in dem sich die Publikationslandschaft durch die Gründung spezifisch europarechtlicher Zeitschriften verändert.[159] Diese Gründungen waren programmatisch motiviert und weniger einem Mangel an Publikationsmöglichkeiten für gemeinschaftsrechtliche Beiträge geschuldet, für die eine Vielzahl juristischer Zeitschriften zur Verfügung stand. Hinsichtlich der Lehrbücher bestätigt die Gesamtschau, dass Bezugnahmen auf das Gemeinschaftsrecht zunächst nicht vorhanden waren.[160] Eine bemerkenswerte Ausnahme, die zugleich den psychologischen Affekt gegen das „Eindringen“ des Gemeinschaftsrechts in das deutsche Verwaltungsrecht belegt, ist das zweibändige Verwaltungsrechtslehrbuch des in Tübingen lehrenden Wilhelm Merk. Die EWG findet im ersten Band, der 1962 erschienen ist, nur zwei Mal Erwähnung, beobachtend, als Beispiel für regionale europäische Zusammenschlüsse und als Beispiel für überstaatliche Verwaltungsträger.[161] Der zweite Band aus dem Jahr 1970 enthält tiefgreifende Kritik an der EWG-Landwirtschaftspolitik.[162] Merks Lehrbuch zeigt quasi als Gegenperspektive, dass ein wesentlicher Grund für die zunächst sehr geringe Responsivität des Lehrbuchmarktes das Fehlen eines ausbildungsrelevanten Referenzgebiets im besonderen Verwaltungsrecht gewesen sein könnte. Landwirtschafts- und Zollrecht sind Spezialistenmaterien, die in der universitären Ausbildung – von Ausnahmen abgesehen – nahezu keine Rolle spielen; das Kartellrecht liegt im akademischen Sprengel der Zivilrechtswissenschaft. So wäre die kompetenzielle Ausdehnung des Gemeinschaftsrechts in die Wirtschaftsverwaltung, in den Umwelt- und Verbraucherschutz eine rechtstatsächliche Voraussetzung für die durchdringende Europäisierung der Verwaltungsrechtswissenschaft. Die Bezüge in der Literatur unterlagen einer allmählichen Steigerung, die proportional zu der Bedeutung des Themas „Europa“ verlief – exemplarisch kann das an den Lehrbüchern von Hans Julius Wolff,[163] Ingo von Münch[164] sowie Hans-Uwe Erichsen und Wolfgang Martens nachvollzogen werden. Fritz Ossenbühl bemerkte 1975 selbstreflexiv in seinem Beitrag „Die Quellen des Verwaltungsrechts“ in dem letztgenannten Lehrbuch, man werde der Bedeutung des Gemeinschaftsrechts nach dem derzeitigen Stand der Entwicklung am ehesten dadurch gerecht, wenn man es an die Spitze der Rechtsquellen des Verwaltungsrechts stellen würde, was allein der Entwicklungsgeschichte nicht entspräche. Weiter heißt es: „Über den hohen Stellenwert des Europäischen Gemeinschaftsrechts in unserer Rechtsordnung besteht im Prinzipiellen kaum Streit. Um so merkwürdiger erscheint die Feststellung, daß das Europäische Gemeinschaftsrecht in neueren verwaltungsrechtlichen Darstellungen entweder ganz fehlt oder nur am Rande erwähnt wird.“[165]

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