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4. Wehrverwaltung
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Reichsheer und Reichswehr
Neu gegenüber der RV war die vollständig reichseigene Militärverwaltung (Heeres- und Flottenangelegenheiten, Art. 79, 96 WRV). Erstmals bestand ein unmittelbares Reichsheer in Reichseigenverwaltung.[100] Bis 1919 gab es vier Kriegsministerien in Berlin, Stuttgart, München und Dresden.[101] Die RV kannte als reichseigene Streitkräfte nur Marine und Schutztruppen in den Kolonien. Allerdings hatten die meisten Staaten ihre Armeen, die sich bei Kleinstaaten auf repräsentative Schlosswachen beschränkten,[102] auch formal in die preußische Armee integriert. Die drei nichtpreußischen Armeen Sachsens, Württembergs und Bayerns waren auf dem Weg dorthin, positiven Niederschlag hatte dies etwa in zwischenstaatlichen Abkommen wie der „Bebenhäuser Abkunft“ von 1892 gefunden, die für wechselseitige Abkommandierungen die württembergische Armee in Uniformierung und Ausbildung der preußischen anglich.[103] Paul Laband sah bereits ein faktisches Reichsheer unter preußischen Vorzeichen.[104] Praktische Schwierigkeiten lagen weniger im föderalen Aufbau des kaiserlichen „Reichsheeres“, sondern im Fehlen einheitlicher Kommandoabteilungen und in parallelen, zum Teil sogar gegenläufigen Kommandostrukturen wie Generalstab und Militärkabinett, die sich insbesondere im Ersten Weltkrieg als verhängnisvoll erwiesen. Große Erwartungen wurden in den keinesfalls unumstrittenen[105] militärischen Oberbefehl des Reichspräsidenten gesetzt (Art. 47 WRV), der als Primat der Zivilverwaltung über die Armee verstanden wurde. Tatsächlich perpetuierten sich die Probleme der RV im Falle des sich nie als Zivilist verstehenden Reichspräsidenten Paul von Hindenburg sogar. Obwohl die Reichswehr ausschließlich Reichsorgan war, wurde auf den Freistaat Bayern rechtlich und tatsächlich besondere Rücksicht genommen, dessen rechtsrheinisches Gebiet mit dem der 7. Division der Reichswehr mit Sitz in München identisch war; die linksrheinische Rheinpfalz lag auf demilitarisiertem Gebiet. Zum Konflikt war es 1923 gekommen, als der bayerische Landeskommandant Otto von Lossow die 7. Division ausschließlich auf Bayern verpflichtete, um zu verhindern, dass dem Freistaat „von der unter marxistischen Einfluss stehenden Berliner Regierung Diktate aufgezwungen werden.“[106] Der Konflikt konnte durch Mitwirkung der bayerischen Staatsregierung bei Abberufung des Landeskommandanten und Einsatz der 7. Division außerhalb Bayerns sowie einen modifizierten Fahneneid (Treue zur Verfassung „meines Heimatstaats“) beigelegt werden. Für die Wehrverwaltung waren die Vorgaben durch Verfassung und Völkerrecht erheblich. Der Versailler Vertrag hatte einen Generalstab untersagt und die Höchstgrenze der Wehrmacht auf 115.000 Mann (100.000 Heer, 15.000 Marine) festgesetzt, was eine Verkleinerung der Verwaltung bedeutete; das Verbot einer Luftwaffe hatte darauf keine Auswirkungen, da diese noch keine eigene Teilstreitkraft war. Es bestanden Heeres- und Marineleitung. Das Heer besaß sechs Zentralämter, zwei Gruppenkommandos in Berlin und Kassel und sieben Wehrkreise, die einer Division entsprachen; der Wehrkreis München entsprach der bayerischen Division. Der Marineleitung waren Zentralbehörden in Berlin unterstellt, darunter Marinekommandoamt und Allgemeines Marineamt.