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5. Arbeits- und Sozialverwaltung
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Reichsarbeitsamt
1919 wurde ein „Reichsarbeitsamt“ aus dem erst 1917 gebildeten Reichwirtschaftsamt ausgegliedert.[107] Seine Errichtung war der Abschluss einer Entwicklung zur „leistenden“ Verwaltung, die in den Vorkriegsjahren begann, durch den Krieg und seine Folgen erheblich beschleunigt wurde.[108] Zu dem mit zwölf Abteilungen sehr großen Ministerium gehörte auch der seit 1923 nicht mehr zusammentretende „Ausschuss für ein einheitliches Arbeitsrecht.[109]
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Sozialversicherung
In den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums fiel das Reichsversicherungsamt; die Landesversicherungsanstalten waren seiner Aufsicht unterstellt, blieben aber Landesbehörden. Ferner waren die Reichsversicherung für Angestellte, die 1927 gegründete Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung mit 13 Landesarbeitsämtern, das Reichsarbeitsgericht beim Reichsgericht sowie das Reichsversorgungsgericht beim Reichsversicherungsamt dem Ministerium nachgeordnet. Für den Bergbau war 1923 die Reichsknappschaft mit bedeutendem Gebäude von 1930 in Berlin entstanden.[110] Die Reichsversicherung für Angestellte blieb öffentliche Anstalt. Als Zeichen ihres Bedeutungsgewinns, der mit dem der soziologischen Gruppe „Angestellte“ einherging,[111] erhielt sie 1923 den bis heute genutzten Neubau in Berlin-Wilmersdorf.[112] Die öffentliche Anstalt beschäftigte die Dogmatik des Verwaltungsrechts besonders.[113] Konnte die Arbeiterversicherung auf bewährte Arbeit von Jahrzehnten im Kaiserreich zurückblicken[114] und war die Angestelltenversicherung immerhin 1911 gegründet worden,[115] war die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit, das wichtigste sozialpolitische Vorhaben der Weimarer Republik, ohne Vorgänger.[116] Damit verbunden waren der Aufbau eines beeindruckenden Verwaltungsapparates[117] unter dem ersten Präsidenten Friedrich Syrup[118] und wichtige Neubauten wie das Arbeitsamt in Oberhausen von 1928.[119] Die große Leistung der Republik wurde davon überschattet, dass die Reichsregierung unter Hermann Müller 1930 auch am Streit über die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zerbrach[120] und die Kapitaldecke der jungen Versicherung zu gering war, um die Folgen der Weltwirtschaftskrise wirksam aufzufangen.
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Versorgung als Reichsaufgabe
Herausgefordert war die junge Republik durch die zwar nicht neue, bis zum Ersten Weltkrieg infolge langer Friedensjahre aber randständige Versorgung von „Militärpersonen“. Nun betrafen militärische Versorgungsfälle unterschiedlichen Ausmaßes unzählige deutsche Familien, die nicht immer mit der Militärbürokratie vertraut waren. Die nach Mannschaften, Unteroffizieren und Offizieren unterscheidende „ständische“ Versorgung wurde als nicht mehr zeitgemäß bei breitem Konsens abgeschafft. Durch Zusammenschluss mit der zivilen Invalidenversorgung waren dem Reichsversicherungsamt unterstellte Hauptversorgungsämter als Mittel- und Versorgungsämter als Unterbehörden, letztere formal Landesbehörden, entstanden; 1923 wurden die Versorgungsämter aus Kostengründen reichsweit „dekonzentriert“.[121] Zur Schlichtung von Tarifstreitigkeiten, ein Schwerpunkt des Arbeitsrechts der Weimarer Republik, bestand ein Nebeneinander von Reichs- und Landesbehörden;[122] genuines Verwaltungsrecht war die häufige „Zwangsschlichtung“ durch Verbindlicherklärung eines Tarifvertrags.[123] Insgesamt war die Sozialverwaltung ein Bereich der Verwaltung, in dem sich das „Zukunftsrecht“ einer unitarischen und sozialen Republik besonders deutlich abzeichnete.[124]