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2. Konfliktreiches Nebeneinander von königlicher Regierung und königlichem Oberbefehl

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Leuchtölkrise 1918

Aus dem monarchischen Prinzip ergab sich die das ganze Jahrhundert bestimmende Spannung zwischen ziviler und militärischer Seite von Herrschaft und zwischen einer durch die Verfassung eingehegten Regierung und einer absolutistisch geführten Militärmacht. Das zeigte sich verstärkt zum Ende des Weltkriegs in der geheim gehaltenen Leuchtölkrise. Im Juli 1918 warnte das Reichswirtschaftsamt vor dem bevorstehenden Zusammenbruch der Versorgung mit Leuchtöl und damit vor einem breiten Ausfall der Beleuchtung in Städten, Fabriken und Wohnungen im kommenden Winter. Die Marine beanspruchte das Öl für ihren uneingeschränkten U-Boot-Krieg, der die USA zum Kriegseintritt bewogen hatte. In einem Spitzentreffen erklärte die Verwaltung, für die weit verbreiteten Petroleumlampen stünde nur noch ein Viertel dessen an Leuchtöl in Aussicht, was im Winter 1917 als absolutes Minimum gegolten hatte. Man würde auf dem Lande im Winter wohl „von 4 Uhr an im Dunkeln sitzen“ und bei den Bergleuten seien Arbeitsausfälle und weitere Unruhen zu erwarten. Doch die Marine wollte ihren Bedarf nicht verringern und verwies vage auf Öl aus Baku. Nachdem sie sogar noch weiterten Bedarf in Aussicht stellte, beschwor der Vertreter des preußischen Handelsministeriums unverblümt die Gefahr von Aufständen und versuchte den Offizieren klar zu machen, dass ihr Einlenken doch nichts Anderes wäre als eine „Versicherungsprämie“ für ihren weiteren „Betrieb“. Doch man ging ohne Klärung auseinander; weitere Überlegungen erübrigten sich dann allerdings.[98]

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Waffenstillstand: Tage der Wahrheit

Am 29. und 30. September 1918 forderte völlig überraschend im Hauptquartier in Spa General Erich Ludendorff von Kaiser und Reichskanzler den sofortigen Waffenstillstand, und Reichskanzler Georg Graf Hertling trat sofort zurück. Der auf zweifelhaften Wegen gefundene neue Reichskanzler Prinz Max von Baden unterzeichnete bei seiner Ernennung am 3. Oktober 1918 das Waffenstillstandsangebot an Präsident Woodrow Wilson, ohne innerlich dahinter zu stehen. Als er sich abends mit Vizekanzler Friedrich von Payer, Staatssekretären und preußischen Staatsministern besprach, erkannte der neue „politische“, aus dem Reichstag genommene, Staatssekretär Adolf Gröber ganz klar die Lage: „Unter den 14 Punkten [des Präsidenten Wilson] sind zwar einige bedenklich, besonders Elsass-Lothringen und Polen. Aber wenn Zwangslage so schrecklich, so ist Frage einfach: ergeben auf Gnade und Ungnade oder Gewinnung eines leidlichen Vermittlers. Vorschlag geht nicht weit genug.“ Und Vizekanzler Payer stimmte ihm zu, dass diese Bedenken „uns schon lange beschäftigt [haben]. Wir haben uns schließlich mit Feldmarschall auf die vorliegende Fassung geeinigt.“ Die Oberste Heeresleitung hatte also auch in ihrem endgültigen Scheitern noch Entscheidungsmacht über die Politik behalten – und übertrug der Politik die bedingungslose Kapitulation, ohne sie so zu nennen. Von da führte ein mühsamer Weg zwar noch zum Plan eines Parlamentarismus durch die Verfassungsänderungen vom 28. Oktober 1918, die aber keine reale Gestalt mehr annahmen. Und Elsass-Lothringen wurde verloren gegeben, wie den Politikern im Lande beim Waffenstillstandsgesuch sofort klar war. Der letzte Statthalter, Bürgermeister Rudolf Schwander, wurde zynisch verheizt, bis auch er sich das klar machte und eine letzte Initiative für einen neutralen Pufferstaat ergriff, für dessen Gründung aber keine Zeit mehr blieb.[99]

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