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II. „Kulturverwaltung“
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Schule
Kultur war sowohl nach RV als auch nach der WRV Ländersache. Die WRV hatte jedoch mit einer umfangreichen Regelung des Schulrechts Vorgaben gemacht, darunter Einführung von Schulpflicht, Elternrechten, Religionsunterricht und Privatschulen. Die Schulverwaltung blieb in Trägerschaft der Länder, Schulrecht Landesrecht.[193] Zu einem „Reichsvolksschulgesetz“, wurden bis 1927 mehrere Anläufe im Reichstag unternommen, die im Ergebnis alle scheiterten. Auf Reichsebene bestand die 1920 gebildete „Reichsschulkonferenz.“[194]
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Wissenschaft
Die wissenschaftlichen Reichsinstitute wurden in Zuständigkeit verschiedener Reichsministerien fortgeführt, darunter die Biologische Reichsanstalt Berlin-Dahlem und die Deutsche Seewarte Hamburg. Einige Forschungseinrichtungen wie das Reichsamt für Landesvermessung in Berlin waren stark anwendungsbezogen und nahmen Fachaufgaben für andere Behörden wahr; entgegen ihrem Namen war die Behörde nur für Norddeutschland und Sachsen zuständig, die süddeutschen Staaten behielten ihre eigene Landesvermessungsverwaltung.[195] 1930 kam das „Deutsche Arbeitsschutzmuseum“ in Berlin hinzu, trotz des Namens auch Behörde und Forschungseinrichtung.[196] Aus finanziellen Gründen war die Weimarer Republik kaum in der Lage, an die großzügige Wissenschaftspolitik der Vorkriegsjahre anzuknüpfen. Die einzigen beiden Neugründungen von Universitäten, Hamburg und Köln 1919, reichten unter Beteiligung privater Stifter weit in die Vorkriegsjahre zurück und erfolgten vor Inkrafttreten der WRV.[197] Zu den Aufgaben der Kulturverwaltung gehörte auch die 1920 durch das Lichtspielgesetz[198] eingeführte Vorzensur für Kinofilme;[199] sie wurde aus dem Reichshaushalt finanziert.[200]
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Reichswichtige Institute
Infolge der Inflation war das Reich gezwungen, sich stärker an Forschungseinrichtungen zu beteiligen, die „reichswichtige Institute von besonderer Bedeutung“[201] waren; darunter fielen die bis dahin allein vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels getragene Deutsche Bücherei in Leipzig, das Institut für Weltwirtschaft und Seeverkehr in Kiel, das Institut für Agrar- und Siedlungswesen in Berlin-Dahlem,[202] die Forschungsanstalt für technische Moorversuche in Hannover, die Forschungsinstitute für rationale Betriebsführung im Handwerk in Hannover und Karlsruhe und das Deutsche Hygienemuseum in Dresden. Gemeinsam mit den Ländern war das Reich zudem am Deutschen Museum in München, dem Römisch-Germanischen Museum in Mainz und dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg beteiligt. Zu den aus der Not geborenen neuen Formen der Wissenschaftsverwaltung gehörte die 1920 gegründete Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, formal ein eingetragener Verein; Pläne zur Umwandlung in ein „Reichskommissariat“ oder eine Ministerialabteilung hatten sich zerschlagen.[203] Die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft war bereits 1911 gegründet worden, stand auch in der Republik in engem Zusammenhang mit der preußischen Kultusverwaltung, doch wurde der Einfluss des Reichs in der Republik noch einmal intensiviert.[204] Preußen war Träger des Robert-Koch-Instituts als preußisches Landesinstitut zur Erforschung der Infektionskrankheiten und der Anstalt für Materialprüfung, beide in Berlin.
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Carl Heinrich Becker
Die Kulturverwaltung der Weimarer Republik wäre unvollständig, ohne ihren wichtigsten Repräsentanten zu erwähnen, den 1921 und von 1925 bis 1930 amtierenden preußischen Kultusminister Carl Heinrich Becker, der zuvor von 1916 bis 1919 Ministerialdirektor und Staatssekretär war.[205] Zwar besaß Preußen ohnehin die größte Kultusverwaltung, Becker, Professor für Orientalistik aus wohlhabender Kaufmannsfamilie, strahlte allerdings weit darüber hinaus. Bekannt waren die um ihn versammelten jungen Ministerialbeamten, die „Becker-Buben.“[206] Er reformierte die Lehrerbildung, indem Pädagogische Akademien gegründet wurden. Rechtlich neue Wege beschritt das Preußenkonkordat 1929; für den liberalen Etatisten Gerhard Anschütz war undenkbar, dass ein Staat Bereiche durch Vertrag regelt, auf denen er die Gesetzgebungskompetenz besitzt. „Was heute der Kirche zugestanden wird – die Regelung ihres Verhältnisses zum Staat durch Vertrag mit dem Staat – könnte eines Tages auch von sehr andersartigen innerstaatlichen Mächten, Personen- oder Kapitalvereinigungen, etwa von Gewerkschaften, Unternehmerverbänden, großen Konzernen und Trusts beansprucht werden.“[207] Becker arbeitete an einer Universitätsreform, damit „die Universitäten den Anschluss an die neue, durch Sozialismus und Massenproblem gekennzeichnete Zeit finden werden.“[208] Die über die Verwaltung umzusetzenden Konsequenzen waren Vereinheitlichung des Lehrkörpers, Einbeziehung der Studenten, Versuch einer „Systematisierung“ der Vorlesungen.[209] Auf dem Gebiet der Wissenschaftspolitik befürwortete Becker „einheitliche staatliche Führung.“[210]