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IV. Kategorische Trennung zwischen Primär- und Sekundärrechtsschutz durch Art. 19 Abs. 4 und Art. 34 S. 3 GG
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Getrennte Regelung eines einheitlichen Problems
Bis heute wird das Verwaltungsrecht auch durch die verfassungsrechtlich nahegelegte Trennung von Primär- und Sekundärrechtsschutz geprägt. Sie ergibt sich zunächst daraus, dass Art. 19 Abs. 4 GG i. V. m. Art. 34 S. 3 GG (und Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG) Rechtsschutz gegen rechtswidriges Verwaltungshandeln auf zwei Rechtswege aufspaltet. Zudem ergibt sich aus Art. 34 S. 1 GG i. V. m. § 839 Abs. 3 BGB auch eine Rechtsschutzstufung, nach der zuerst um Primärrechtsschutz nachzusuchen ist, bevor (vor einem anderen Gerichtszweig) Sekundärrechtsschutz erlangt werden kann. Sachliche Gründe für diese Trennung gibt es nicht. Sie rührt vor allem aus dem Umstand, dass die Mehrheit im Parlamentarischen Rat nichts Rechtes mit dem Staatshaftungsrecht anzufangen wusste und die Frage der Staatshaftung vor allem als beamtenrechtliche Materie und nicht als materielle Abrundung des Grundrechtsschutzes verstand.[130] Damit wurde verkannt, dass Art. 131 Abs. 1 WRV nicht nur als unmittelbar anwendbares Grundrecht verstanden, sondern insbesondere auch Art. 131 Abs. 1 S. 3 WRV – der wortgleiche Vorläufer von Art. 34 S. 3 GG – als Rechtsschutzgarantie im Staatshaftungsrecht verstanden wurde. Diese Rechtsschutzgarantie richtete sich insbesondere gegen den in einigen Landesrechten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der WRV gegebenen Ausschluss des gerichtlichen Rechtsschutzes in Staatshaftungssachen.[131] Vor diesem Hintergrund bildet die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht nur einen „Schlussstein im Gewölbe des Rechtsstaats“[132], sondern denkt die staathaftungsrechtliche Rechtsschutzgarantie des Art. 34 S. 3 GG konsequent weiter, die gerichtlichen Rechtsschutz nur in Zusammenhang mit der Staatshaftung als „ultima ratio des Rechtsstaats“[133] gewährt. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG und die des Art. 34 S. 3 GG sind damit nur historisch voneinander getrennt und (nur deshalb) unterschiedlich hinsichtlich des garantierten Rechtswegs ausgestaltet. Die Trennung rechtfertigt damit keine kategorische Differenzierung zwischen Primär- und Sekundärrechtsschutz und damit auch keine „Sonderstellung“ des Staatshaftungsrechts im Verwaltungsrecht und beim Verwaltungsrechtsschutz.[134]
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Auswirkungen
Dennoch führte die grundgesetzlich nahegelegte Trennung zwischen Primär- und Sekundärrechtsschutz dazu, dass das Staatshaftungsrecht bis heute nicht als integrierter Bestandteil des Verwaltungsrechts gesehen, sondern als eine Sondermaterie behandelt wird, die letztlich neben dem (materiellen) Verwaltungsrecht und dem Verwaltungsprozessrecht steht. So schlägt immer noch verschiedentlich die Annahme durch, beim Staatshaftungsrecht handele es sich „eigentlich“ um eine zivilrechtliche Materie.[135] Erst in neuerer Zeit setzt sich die Auffassung durch, dass die Staatshaftung auch Grundrechtsinhalt sei, sodass den Grundrechten bei ihrer Verletzung auch eine Kompensationsfunktion zukommt.[136] Folge hiervon ist, dass dem Aspekt der verwaltungsverfahrensrechtlichen und prozessualen Durchsetzung von Staatshaftungsansprüchen mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden und dies nicht vornehmlich als Problem des Zivilprozessrechts verstanden werden sollte.[137] Zudem ist nach Möglichkeiten zu suchen, Primär- und Sekundärrechtsschutz trotz verfassungsrechtlich angeordneter Rechtswegspaltung miteinander zu verknüpfen.[138] Problematisch ist es auch, wenn der BGH ohne nähere gesetzliche Grundlage „drittschützende Amtspflichten“ kreiert, die mangels Verankerung subjektiv-öffentlicher Rechte nicht vor den Verwaltungsgerichten im Primärrechtsschutz durchgesetzt werden können.[139]