Читать книгу Kleine Geschichte des schlechten Benehmens in der Kirche - Guido Fuchs - Страница 19
Reverenz
ОглавлениеHinsichtlich des Kniens zur Konsekration (Wandlung) in der Messe gibt die schon zitierte Einführung in das Messbuch den Hinweis: „Wenn die Platzverhältnisse oder eine große Teilnehmerzahl oder andere vernünftige Gründe nicht daran hindern, soll man zur Konsekration knien“ (AEM 21). Viele Gläubige bleiben aber auch bewusst stehen, nicht nur weil das die alte Gebetshaltung der Gläubigen ist, sondern weil es ja auch im Hochgebet selbst heißt: „Wir danken dir, dass du uns berufen hast, vor dir zu stehen und dir zu dienen.“ Umso genauer schauen aber manche dann, was die Zelebranten tun, die ja ihre vorgeschriebenen Kniebeugen haben. So wird denn auch in einschlägigen fundamentalistischen Internetforen heftig kritisiert, dass Papst Franziskus angeblich manche Kniebeuge unterlasse, was sein „sakrilegisches“ Verhalten zeige.
Ein unehrfürchtiges Verhalten während der Messe und die unterlassenen Kniebeugen wurden auch schon früher kritisiert; Elfriede Moser-Rath zitiert den Barockprediger Ignatius Ertl, der sich darüber beklagt: „Wie manicher knopfeter Baurnbengl und Jodl (wol auch manicher hoffärtiger Spreizer und Bürzer) stehet ein gantze Meß bey dem Altar da / wie ein Oelgötz mit aufgerissenem Maul den Priester angaffend / ohne dass er sich kaum bey der Auffwandlung mit halben Fuß was bucket / und hernieder kniet.“
Nicht nur die Haltung ist Ausdruck der Ehrfurcht vor der Gegenwart Christi, sondern auch das Verhalten. Während der Wandlung nicht aufmerksam und andächtig dem Geschehen am Altar zu folgen und stattdessen (als Kind) Spielchen mit dem Vordermann zu treiben, weil es kurzweiliger ist, konnte einem früher schon ein paar „Watsch’n“ seitens des Mesners eintragen, wie es der bayerische Kabarettist Gerhard Polt beschreibt. Die von ihm zitierten Worte des Mesners machen deutlich, dass sein Benehmen sich nicht gegen die Mitfeiernden richtete, sondern gegen Gott selbst:
„Du Hundskrüppel, du verreckter – an lieben Gott beleidigen –, wart nur – du kommst sicher in d’Höll.“ (Gerhard Polt, Hundskrüppel, 2004)
Zur angemessenen ehrfürchtigen Haltung gegenüber dem Allerheiligsten gehört ebenfalls, dass man ihm stets von vorn begegnet, wie es früher eingeschärft wurde: „Nach Inzensation des Priesters hat der Zäremoniar zu beachten, dass er sich nach links wende, um nicht dem Allerheiligsten den Rücken zuzukehren“ (Andreas Schmid, Caeremoniale, 1904). Das ist heute, sofern sich ein Tabernakel im Altarraum befindet, kaum noch zu beobachten. Dieser Aspekt zeigt aber auch, dass manches geänderte liturgische Verhalten nicht gleichzusetzen ist mit schlechtem Benehmen.
Auch das Kreuzzeichen ist ein ehrfürchtig zu vollziehendes Zeichen, das aber nicht immer so gemacht wird, wie ein Pfarrer schrieb:
Aufschlussreich, ja erschreckend ist, wie wenige unserer „guten Katholiken“ noch ein ordentliches Kreuzzeichen können! Und da spreche ich nicht von den Kindern und Jugendlichen. Selbst die sich selber noch soooo katholisch fühlenden 60- bis 70-Jährigen fahren da im Gesicht rum, dass man sich nur so wundert. (A. W. – 18. 8. 2019)