Читать книгу Rufe in die Wüste - Gunter Preuß - Страница 3
Vorwort des Autors
ОглавлениеFragt mich nicht
denn heute bin ich
der und morgen der
doch immer derselbe
Wie soll ich wissen
was mich bewegt
wenn ich nicht stehen kann
über mir und den Dingen
In der eigenen Haut
bin ich ein Fremder
gehe ein und aus
ohne dass mir warm wird
Kann nicht finden
was ich zu suchen auszog
als Kind schon
aus einem Spiel heraus
das mich nicht loslässt
G. P.
Nun willst du dir auch noch ein Vorwort nachsagen lassen. Als ob das Leben nicht schon genug Müll über unsereinen ausgeschüttet hätte. Aber nein, du sollst dich nicht beklagen: Zum Ersten will´s ohnehin keiner hören, zum Zweiten hast du noch immer den Willen, deinen Teil zu tragen, ohne kniefällig zu werden. Nun, da du die Zeit endlich hast, wird sie dir knapp, du zwingst dich zur Kürze und erfreust damit die Leute. Jetzt wollen sie es dir heimzahlen mit ihrem Sermon über Gott und die Welt und vor allem über sich selbst, der ihnen doch immer am nächsten steht und von einmaligem Interesse ist. Du schleichst dich davon, sie merken es nicht, denn ob du oder ein anderer, im Grunde redet doch jeder nur mit sich selbst. Hast du das in den hier vorliegenden Aufsätzen und Interviews auch so gehalten? Gebündelt willst du sie nun der Nachwelt anvertrauen. Sie möchte doch so freundlich sein, dem handlich verpackten Klugschiss eine Registriernummer zu geben und in einer Ecke eines Archivs bis in alle Ewigkeit, zu der es wohl nicht mehr lange hin ist, überdauern zu lassen.
Deine Beiträge zur Zeit - die Menschen haben sich die Zeit ja darum ausgedacht, um in den Tag hineinleben und wieder herausfinden zu können - bringen vielleicht doch ein wenig Licht und Schatten ins Bild. Wenn es denn der eine oder andere sich von der Welt zu machen gedenkt. Du hast nur Bruchstücke zusammentragen können, die sich nur selten zu einem Bild zusammenfügen lassen wollten. Und dann nur für Augenblicke, um sogleich wieder auseinander zu fallen, dass du sie wiederum mühsam zusammenklauben musstest, um erneut zu versuchen, sie ins Bild zu bringen. Nun, du bist heute nicht mehr der, der du gestern warst. Und gestern warst du wohl nur dem entfernt ähnlich, den du vorgestern dir selbst und dem verehrten Publikum vorgestellt hast. Dennoch bist du immer noch derselbe - ... die Schminke, die ist billig, und Haut, sie passt sich an..., wenn du auch heute manches anders siehst und denkst als gestern. Lachhaft, was du dir im Laufe deines Lebens für Kostüme und Masken übergestreift hast. Die Übereinstimmung von Wirklichkeit und Wahrheit erlebst du schließlich nur einmal, in der Kindheit nämlich, in einer Zeit also, wo du beides nicht denkst, aber lebst. Da bist du voll Verlangen aufs große Karussell gestiegen, hast ein paar Runden im Kreis mitgedreht und in bittersüßen Augenblicken durchfühlt, was das Leben dir zu bieten hat. Das ist in seiner Weisheit, die aus der Unschuld erwächst, unwiederholbar. Denn bald beginnst du dir Gedanken zu machen und wirst erwachsen, was auch heißt, dass du dir selbst entwächst in eine Form hinein, die dir nur noch wenig Spielraum lässt. Wohlgefühlt hast du dich darin nie so recht. Darum wohl hast du dir auch eine der Künste gewählt, um hier und da den erdrückenden Rahmen zu sprengen und auszubrechen. Um dich auf dem Jahrmarkt zwischen seinen Buden und Karussells herumzutreiben, wo du dir selbst und den anderen am nächsten kommst. Und vielleicht ist es dir ja gelungen, das eine und andere Kind aufs blaue Schaukelpferd zu setzen oder gar ins Riesenrad, was ja auch ein Karussell ist, eben ein vertikales. Den Kindern sollte gegeben werden, was auch du bekommen hast: das wunderbare Gefühl da zu sein. Dazu braucht es kein Wissen, keinen Besitz, keine Wünsche und keine Gesetze. Es ist das Geschenk eines unbekannten Wohltäters, das dann bald in Vergessenheit gerät und vielleicht zwei-, dreimal wieder in der Seele auftaucht für ein kurzes Erschauern.
Übrigens, ich habe in den Texten heute fast alles so stehen lassen, wie ich es gestern aufgeschrieben habe. Ein paar Schönheitskorrekturen habe ich mir hier und da gestattet - nur an der Form, nicht aber am Inhalt -, kaum der Rede wert und wohl nur vom Federfuchser wahrzunehmen.