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1.30 Lebendige Tote

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Als der Wecker

klingelte, fühlte ich mich wie erschlagen. Albtraumhafte Sequenzen, höllische Abbilder einer Parallelwelt geisterten unter meiner pochenden Schädeldecke. Schemenhafte Blitzlichter, die nicht mal die Unmengen an Koks und Alkohol auslöschen konnten, die ich mir gestern Nacht reingezogen hatte.

Wenn ich nicht bald genügend Schlaf bekäme, endete ich noch als Zombie. Denn so ging das nun schon seit mehreren Nächten in Folge. Wenn ich endlich erschöpft und breit genug war, mich in das gelobte Land der Träume hinüber gleiten zu lassen, schreckte ich panisch wieder hoch. Und eine große Furcht machte sich in mir breit, Angst vor dem, was mich hinter der Schwelle des Schlafes erwartete. Eine schreckliche Welt, die ich bereits etliche Male durchwandert hatte und deren Abbild über meinem inneren Auge lag wie eine zweite Netzhaut.

Ein Lager, in dem Baracken auf staubigem Lehmboden standen. Ein vergiftetes Quadrat Erde in dem jede Farbe fehlte, es nur Grautöne gab und das von vier Wachtürmen und hohem Stacheldraht umgeben war. Dort hielt sich niemand außer mir und den Toten auf, selbst die Beobachtungsposten waren verlassen. Die Leichen lagen in Reih und Glied, sorgsam sortiert nach Geschlecht, Alter und Hautfarbe. Ich schlich zwischen den zylindrisch geformten Bergen aus Körpern umher und fühlte mich einsam wie nie zuvor.

Cut, harter Schnitt und Szenenwechsel.

Weiß gekachelter Horror, ein Schlachthaus mit Blutablaufrinnen im betonierten Boden und menschliche Leiber, die an Fleischerhaken von der Decke baumelten. Und die dort hingen, so still wie Kadaver, sie lebten noch, gaben aber keinen Laut von sich, waren gelähmt durch wahnsinnige Furcht.

Um die Untoten nicht in ihrem Dämmerzustand zu stören, ging ich auf Zehenspitzen durch diese unnatürliche Stille. Doch die von entsetzlichem Leid erfüllten, bohrenden Blicke der Gehängten, sie folgten mir auf Schritt und Tritt.

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