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Johann Philipp Palm: »Märtyrer der Pressefreiheit«

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An insgesamt vier Stellen erinnert ein Rundgang durch das heute oberösterreichische Braunau am Inn an Johann Philipp Palm. Zu sehen sind der Kerker, in dem der Nürnberger Buchhändler die letzten Tage vor seiner Hinrichtung verbrachte; eine Plakette an jener Stelle, an der das französische Erschießungskommando Aufstellung bezog; eine Statue des Buchhändlers im nach ihm genannten Palmpark; sowie ein Sgraffito an einer modernen Hausfassade, das den knienden und gefesselten Palm an der Hinrichtungsstätte zeigt.64

Johann Philipp Palm wurde 1766 im baden-württembergischen Schorndorf geboren, ging bei seinem Onkel in die Buchhandelslehre und heiratete kurz darauf die Erbin der Stein’schen Buchhandlung in Nürnberg. Die Einnahme der Stadt durch französische Truppen im Anschluss an die Rheinbundakte vom 12. Juli 1806, die die Reichsstadt Nürnberg ihrer Eigenständigkeit beraubte, hatte Palm in seiner anti-napoleonischen Haltung bestärkt. Seine widerständige Tätigkeit gegen die Besatzung dürfte allgemein bekannt gewesen sein. Als Buchhändler vertrieb Palm neben der schönen Literatur vor allem politische Texte, die sich die Freiheitsbewegung auf die Fahnen geschrieben hatten. Der Einmarsch der Franzosen in Nürnberg machte dies mit einem Schlag gefährlicher.

Ganz im Sinne seines gleichermaßen brutalen wie korrupten Polizeiministers Joseph Fouché ging der in München ansässige französische Botschafter Louise Guillaume Otto auf die Suche nach »Pamphleten aller Art«, die die Herrschaft Napoléons kritisierten.65 Auf einen Hinweis des bayrischen Generallandeskommissars66 entdeckten französische Spitzel in Nördlingen mehrere Exemplare der Broschüre »Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung«. Diese 144 Seiten starke Kampfschrift war als »Beitrag zur Geschichte der Napoleonischen Fremdherrschaft« ausgewiesen, nannte den Franzosenkaiser einen »gallischen Freiheitsschwindler« und sparte auch sonst nicht mit Kritik an dem Herrn über Europa.

Da das Werk anonym erschien, setzte der französische Botschafter alle Hebel in Bewegung, um den Autor ausfindig zu machen. Militärstreifen zogen durch Süddeutschland, der Buchhändler Palm war bald als Drucker der Schmähschrift aufgespürt und dieser Erfolg nach Paris gemeldet. Dort erhielt Napoléon persönlich davon Kenntnis, zusammen mit der zusätzlichen Information, dass gerade in Nürnberg der österreichische Einfluss sehr groß sei. Es sollte also ein Exempel statuiert werden. Johann Philipp Palm bot sich dafür an. Zwar war er als Drucker rein gesetzlich für den Inhalt der Broschüre nicht verantwortlich zu machen. Nachdem er sich aber weigerte, den Autor bekannt zu geben, nutzte ihm die rechtliche Grundlage nichts mehr. Er befand sich in den Händen der französischen Soldateska und war dieser hilflos ausgeliefert. Am 5. August 1806 unterzeichnete Napoléon persönlich den Befehl zur Exekution des Verlagsbuchhändlers. Ins damals bayrische Braunau verschleppt, wurde Palm am 26. August 1806 wegen Hochverrats dort von einem Sonderkommando erschossen. Um Unruhen zu vermeiden, zogen die Franzosen eine ganze Garnison von 1500 Mann in der Stadt am Inn zusammen.

Die Hinrichtung von Palm sollte als Abschreckung dienen und wohl auch zeigen, wie weit Zensur gehen kann – bis zur Füsilierung eines Buchhändlers. Das Ziel wurde freilich nicht erreicht. Denn in der Geschichte der Repression zeigt sich immer wieder, dass je stärker eine autoritäre Macht auf Zensur und Verfolgung setzt, desto brüchiger und schwächer ist sie bereits in ihrem Inneren. Die Schriftenflut gegen die französische Besatzung nahm nach der Erschießung Palms zu, mehr und mehr Intellektuelle stellten sich gegen die Diktatur und die Zensurbehörden kamen mit anonymen Autoren und gefälschten Impressen immer weniger zurecht.

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