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Vorwort

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Verlorenes Vertrauen mit Zwangsmaßnahmen zu kompensieren, gehört zu den ältesten Herrschaftstechniken, deren sich Kirchenhäupter und Monarchen ebenso bedienten wie es Regierungen und führende Medienhäuser unserer Tage tun. Den Verlust einer gewohnten Diskurshegemonie beantworten sie dann mit Publikationsverboten. Betroffen sind Positionen, die das herrschende Narrativ in Frage stellen und gleichzeitig das Potenzial einer weiten Verbreitung besitzen. In genau einer solchen Situation befinden wir uns.

Die Wiederkehr der Zensur wurzelt in der ökonomischen Schwäche des transatlantischen Raums. Im Niedergang kämpft das Establishment um seine Daseinsberechtigung. Je erfolgreicher Gegenöffentlichkeit hergestellt werden kann, desto aggressiver wird ihr von Brüssel oder Berlin begegnet. Staatliche Wahrheitswächter und kalifornische Medienmonopole haben eine neue, gemeinsame Praxis des Löschens und Sperrens von Inhalten entwickelt, für die sie einander gegenseitig die Verantwortung zuspielen; wir erleben die Zensurpraxis des post-industriellen, digital-kybernetischen Zeitalters.

Um die aktuellen Verbotspraktiken auch in ihrer historischen Dimension verstehen zu können, hilft ein Blick in die Geschichte. Moderne Zensur beginnt mit der Erfindung des Buchdrucks zur Mitte des 15. Jahrhunderts. Bis ins 18. Jahrhundert gehen die Träger der verordneten Wahrheit Schritt für Schritt von der Kirche auf den Staat über, wobei erstere als »Schutzwächter des Pöbels« wichtig blieb. Der vorliegende Band enthält viele Biographien von zensierten Autoren wie Heinrich Heine, kämpferischen Verlegern wie Friedrich Brockhaus und standhaften Buchhändlern wie Johann Philipp Palm. Im 20. Jahrhundert wechseln Phasen der Meinungsfreiheit mit der Unterdrückung des freien Wortes ab. In Erinnerung blieb die Zensur- und Berufsverbotswelle gegen alles Linke und Radikale in den 1970er Jahren.

Im digitalen Mediengeschehen unserer Tage ragen zwei Themenkreise hervor, bei denen harte Zensurmaßnahmen zum Einsatz kommen. Es sind dies die transatlantische Position zu Russland und die Corona-Politik der allermeisten EU-europäischen Staaten. Das zeigt, wie wichtig der herrschenden Elite in geopolitischer Hinsicht die Russlandfrage ist und für wie entscheidend sie in wirtschaftlicher Hinsicht die staatliche Anschubfinanzierung des biotechnisch-pharmazeutischen Komplexes hält. Dem entgegenstehende Narrative werden zensuriert. Betroffen davon sind russische Auslandssender wie RT.de oder alternative Plattformen wie KenFM, die wie viele andere Beispiele in dem Buch vorkommen.

Eine Arbeit wie die vorliegende zu Zensur und ihren Folgen muss sich einen Rahmen setzen, um nicht auszuufern. Mein gewählter Rahmen ist der deutsche Sprachraum. Wohl wissend, dass Zensur in anderen Weltgegenden mindestens ebenso stark und oft viel brutaler stattfindet. Dass es trotzdem in der Gegenwart nicht ohne die Einbeziehung des Silicon Valley geht, liegt in der Natur der Dinge, sprich: in der digitalen Abhängigkeit EU-Europas von US-Konzernen.

Als weitere selbst gewählte Einschränkung habe ich beschlossen, die politische Verfolgung eines der medialen Helden unseres Zeitalters, Julian Assange, hier nicht zum Thema zu machen, obwohl sie unschwer als besonders perfide Zensurtechnik gesehen werden kann. Dies ist mir auch deshalb leicht gefallen, weil es zum »Fall Assange« bereits ausgezeichnete Bücher gibt. Anders ist dies bei einem weiteren mit der Zensur verwandten Thema. Die Rede ist von »Cancel Culture«, einer neuen Form von »Löschkultur«. Dazu liegen auf Deutsch bisher kaum Publikationen vor; dennoch nahm ich davon Abstand, diese ins Aktionistische gekippte Form »politischer Korrektheit« aufzunehmen; auch deshalb, weil die Form des Ausmerzens nicht direkt mit Publikationsverboten zu tun hat.

Den Leserinnen und Lesern dieses Buches wünsche ich eine spannende Lektüre und das eine oder andere Aha-Erlebnis. Bedanken möchte ich mich bei meiner Lebensgefährtin Andrea Komlosy und ihrem scharfen, historisch geschulten Auge. Es hat dem letzten Schliff des Buches gut getan.

Hannes Hofbauer Wien, im Februar 2022

Zensur

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