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4. Ein Blick in den Bereich der Kirchengeschichte: Christoph Markschies – Identität und Pluralität im antiken Christentum

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Der Kirchenhistoriker Christoph Markschies geht mit Verweis auf Jan Assmann130 davon aus, „dass auch in antiken Gesellschaften Identität nur gemeinsam ausgebildet werden konnte.“131 Im Blick auf die Alte Kirche formuliert er folgende These: „Eine zu starke Pluralisierung gefährdet die Identität […], eine zu starke Uniformierung zerstört die Mannigfaltigkeit der Elemente.“132 – Er benennt drei Gründe, die es s.E. erlauben, „von einer Einheit antiker christlicher ,Theologie‘ zu sprechen“:133

1. Zur „Außenwahrnehmung der neuen Religion […]: Wer sich in der Öffentlichkeit als Christ bezeichnete oder durch sein Verhalten dieser Gruppe zurechnete, wurde als Christ wahrgenommen […].“

2. Weiterhin zu nennen sei „eine formale Identität der antiken christlichen ,Theologien‘ in Gestalt ihres experimentellen Charakters.“ Der Verschiedenheit regionaler Kontextualisierungen stehe Gemeinsamkeit im Kult gegenüber, denn „der Gottesdienst als zentrale Mitte christlichen Lebens war von hoher formaler Einheitlichkeit.“

3. Schließlich stoße man auf einen „großen Vorrat an theologischen Gemeinsamkeiten.“ – So formierten sich unterschiedliche Ausprägungen des antiken Christentums um eine verbindende Mitte herum, den „identitätsbestimmenden Eindruck von Wort, Werk und Person eines jüdischen Wanderpredigers.“

Nach Markschies konstitutiert sich die identitätsbildende Mitte des antiken Christentums in fünffacher Hinsicht134:

1. „Jesus als […] gekreuzigte[r] und auferweckte[r] Christus“,

2. „der eine Gott“,

3. „eine bestimmte Konzeption von christlichem Leben (Ethik)

4. in einer christlichen Gemeinde (ἐκκλησία) mit Sakramenten“ sowie

5. „ein Grundbestand von gemeinsamen heiligen Schriften.“

Nicht zuletzt angesichts „einer reichsweit analogen Struktur der Gottesdienste“ könne man deshalb im Blick auf das antike Christentum „von einer pluralen Identität sprechen oder von einem um eine identitätsbildende Mitte konzentrierten Pluralismus. Diese dialektische Struktur, die eine Engführung von Identität […] vermeiden half, ist vermutlich auch eine[r] der Gründe für den staunenswerten Erfolg des Christentums in der Antike […].“135

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