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Der Bestrafung entzogen

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Als Väterchen, Großvater Friedrich, 1959 starb, fuhren meine Eltern zur Beerdigung in den Westen. Wir Kinder hatten auf der Beerdigung nichts zu suchen. Oder gab es Probleme mit der Reisegenehmigung für die ganze Familie? Mussten wir drei Geschwister als Faustpfand zurückbleiben?

Nach seiner Rückkehr brachte mein Vater an der Wand neben dem Schreibtisch ein Bild seines Vaters an. Nach wenigen Wochen entfernte er es ebenso kommentarlos, wie er es kommentarlos aufgehängt hatte. Väterchen war einen zweiten Tod gestorben.

Hatte die Gefahr bestanden, dass Fliege, der Direktor der Oberschule, der uns gelegentlich besuchte, genauer gesagt, seinen Besuch ankündigte und realisierte, denn außer Verwandten luden wir so gut wie nie jemanden ein? Hatte die Gefahr bestanden, dass Fliege den Großvater erkennen könnte? Fliege war Jude. Aber das erfuhr ich erst Jahre später, ebenso wie davon, dass er in seiner Zeit als Direktor zu einem ganzen männlichen Abiturientenjahrgang recht ungewöhnliche Beziehungen unterhalten haben soll, bevor er bei Nacht und Nebel verschwand, um sich der drohenden Bestrafung durch die Faust des Proletariats zu entziehen, indem er kurzerhand „vom sozialistischen Friedenslager ins imperialistische Lager der Kriegstreiber“ überwechselte.

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