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Schwermut

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Nach einer Woche geht es wieder auf Transport. In der neuen Zelle, die eher an eine Fabrikhalle als an eine Zelle erinnert, wimmelt es von Unmassen Häftlingen. Achtzig bis hundertzwanzig mögen es sein. Neben der Eingangstür stehen fünf Kübel, die Tag und Nacht benutzt werden. Das Nächtigen erfolgt in dreistöckigen Eisenbetten. Der Gestank von Fäkalien und Schweiß ist kaum zu ertragen. Wie mir ein Student versichert, befinden wir uns in Heinrich von Kleists Geburtsstadt. In Gedanken an Kleists Ende am Wannsee befällt mich Schwermut. Wehmütig versuche ich mir vorzustellen, wo sich Regina aufhalten mag, die nach ihrer Heirat hierher gezogen ist, hierher nach Frankfurt an der Oder. Noch kann ich nicht wissen, dass sie sich vier Jahre später einer Krebsoperation unterziehen muss und mit vierzig aussehen wird, als sei sie achtzig. Mein Denken und Fühlen während des einwöchigen Aufenthalts in Frankfurt an der Oder gilt nur Regina. Ich kann mich nicht freimachen von ihr. Das könnte der Grund dafür sein, dass konkrete Erinnerungen an die Tage im dortigen Gefängnis nahezu aus meinem Gedächtnis gelöscht sind. Auch später, als ich von jemandem höre, dass dessen Freund ausgerechnet in den Tagen meines Zwangsbesuchs dort hingerichtet worden ist, kann ich mir den Ort des Grauens nicht in die Erinnerung zurückrufen.

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