Читать книгу Achter Stock - Endstation - Hans-Jürgen Setzer - Страница 9
Der Neue
ОглавлениеAn der Klingel stand Peter und Susanne Kastor. Das beleuchtete Schildchen hinter dem kleinen Kunststofffenster wirkte schon vergilbt und etwas in die Jahre gekommen. Es passte zum Ambiente. Es war gut erkennbar, dass das Anwesen schon einmal bessere Zeiten erlebt hatte. Die Vorgärten waren liebevoll gestaltet. Es sprang dem aufmerksamen Besucher sofort ins Auge, dass hier jemand Schwierigkeiten hatte, alles im Schuss zu halten, sei es wegen der Finanzen oder auch wegen zunehmender Gebrechlichkeit.
Da dieser Besucher die Hintergründe kannte, musste er von Letzterem ausgehen. Es klingelte mit einer netten Melodie. Nichts passierte. Nach etwa einer Minute klingelte er noch einmal. Langsame und schlurfende Schritte waren zu hören und wurden lauter. Die Tür öffnete sich.
„Guten Tag. Was kann ich für Sie tun, junger Mann?“
„Guten Tag, Herr Kastor. Ich nehme doch an, Sie sind der Hausherr?“, fragte der Besucher freundlich.
„Ich kaufe und brauche auch nichts“, kam die Antwort von Peter Kastor.
„Mein Name ist Leon Walters, Chefredakteur vom Koblenzer Tageskurier. Sie werden sich sicher wundern, doch ich habe erfahren, dass Sie in die Seniorenresidenz Moselblick einziehen werden und wir sind auf der Suche nach jemandem, den wir bei den ersten Schritten in die Residenz begleiten dürfen. Könnten Sie sich das vorstellen?“
„Hmm, ich weiß nicht, was bedeutet das für mich?“, fragte Peter Kastor.
„Darf ich reinkommen, dann könnten wir das in Ruhe besprechen?“
„Ja, warum nicht? Kann ich Ihren Ausweis sehen, man weiß ja heutzutage nie.“
„Natürlich, hier ist mein Ausweis und ein Kärtchen für Sie.“
„Leon Walters, Chefredakteur Koblenzer Tageskurier“, las er laut vor.
„Ja, Herr Kastor, unsere Devise: Koblenzer Tageskurier – Wir bringen es morgens und auf den Punkt. Kennen Sie unsere Zeitung?“
„Aber natürlich, ich wohne schon eine halbe Ewigkeit hier und Ihre Zeitung kenne ich von klein auf. Habe sie sogar mal zwei Jahre lang in aller Herrgottsfrühe ausgetragen.“
„Na, da haben wir doch schon eine Geschichte: vom Zeitungsausträger zum Titelhelden. Was sagen Sie dazu? Wäre das nichts?“
„Meine Geschichte heißt eher: vom Jüngling zum alten Sack. Der alte kaputte Sack wird nun entsorgt. Müll und fertig …“
„Aber, aber, Herr Kastor. Warum so zynisch? Haben Sie sich Moselblick mal angesehen? Es ist sehr schön dort.“
„Nein, das habe ich mir als Überraschung für den Tag X aufgehoben. Wissen Sie, ich hänge an meinem alten Häuschen. Es ist mein Leben. So viele Erinnerungen müssen Sie wissen.“
„Das kann ich mir gut vorstellen. Wollen Sie nicht ein wenig darüber erzählen, unsere Leser teilhaben lassen und wenn es gedruckt ist, mit vielen Fotos, versteht sich, dann haben Sie doch auch ein schönes Erinnerungsstück. Nicht so toll wie das Original, aber besser als …“
„… als gar nichts, meinen Sie. Ja, vielleicht haben Sie recht. Es spricht eigentlich nichts dagegen. Ich habe nichts zu verstecken.“
„Gut, dann rufe ich gleich unseren Fotografen an. Der kann sich schon mal auf den Weg machen. Und wir zwei schreiben Ihre große Geschichte. Machen wir das so?“
„Ja, ist in Ordnung.“
„Gut, fein“, sagte Leon und telefonierte mit der netten Empfangsdame von vorhin: „Schickst du mir Kevin vorbei? Er soll einige Fotos für einen Artikel machen, soll mich mal kurz anrufen. Dann nenne ich ihm die Details und die Adresse und er kann schauen, was er braucht. Ciao, Süße.“