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Als ob eine alte Rechnung präsentiert würde

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In Zeiten weltpolitischer Spannungen, summarisch Kalter Krieg genannt, konnte es nicht verwundern, dass sich Institutionen der gegnerischen Seite für Interna des FZ interessierten. So war im Oktober 1953 eine Mitarbeiterin, die in viele Vorgänge hatte Einblick nehmen können, unter dem Vorwurf der Spionage verhaftet worden. Am 9. November begann eine Gerichtsverhandlung, die mit einer Verurteilung endete.

In diesem Zusammenhang wurden auch schwere Vorwürfe gegen die Leitung des FERNSEHZENTRUMS erhoben, Intendant Zilles sofort beurlaubt. Man klagte über einen moralischen Sumpf, den man trockenlegen müsse. Der Verurteilten sei es möglich gewesen, den Parteisekretär des Senders zu mehr als kollegialen Kontakten zu verleiten. Nach Sendeschluss sei es zu wilden Gelagen gekommen, an denen auch der Redakteur Günter Hansel teilgenommen habe. Dass Derartiges habe geschehen können, hinge ursächlich mit der Person des politisch Verantwortlichen zusammen.

Eine Untersuchungskommission des STAATLICHEN RUNDFUNKKOMITEES bzw. der zentralen SED-Parteiorganisation führte eine Kette von Anhörungen durch. Reginald Grimmer, Sekretär der Parteileitung, Wolfgang Kleinert, stellvertretender Komiteevorsitzender, und Heinz Adameck, Kaderleiter [also Personalchef - H.M.] des Komitees, bildeten das führende Triumvirat der Kommission. Es zeigte sich rasch, dass die grundsätzlichen Vorwürfe nicht gegen die Leitung des Senders insgesamt, sondern speziell gegen die Person des Intendanten gerichtet waren.

Hermann Zilles, von Technikern und Verwaltungspersonal stets als 'Betriebsleiter' bezeichnet, war eine überaus willensstarke, aber auch eigenwillige Persönlichkeit. Im Rheinland geboren, ein lebenslustiger, für alle Freuden des Seins aufgeschlossener Mensch, war er während der Nazi-Zeit wegen seiner politischen Arbeit inhaftiert und für Jahre in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert worden. Dort schien es ein Spannungsfeld zwischen den älteren und den jungen politischen Gefangenen gegeben zu haben. Zilles gehörte dem illegalen Internationalen Lagerkomitee an. Man hörte, bereits in dieser Zeit hätten sich Differenzen zwischen Hermann Axen und ihm ergeben.

Befragungen wurden zu verschiedenen Themenkomplexen durchgeführt und ausgiebig protokolliert. Da ging es um das Verhältnis des Intendanten zur Studiotechnik, zu den parteilosen Spezialisten um Ernst Augustin, um überzogene Forderungen der Programmgestalter, um die Position des Intendanten dazu.

Aus den inzwischen zugänglichen Befragungsprotokollen geht zweifelsfrei hervor, dass bei vielen Technikern der Eindruck entstanden war, die Erfüllung der ihnen von Hermann Axen gemachten Importzusagen hätte vom Intendanten nur energischer eingefordert werden müssen. Er habe sie mit ihrem Verlangen im Regen stehen lassen. Niemand aus der Kommission scheint bei den Anhörungen klargestellt zu haben, dass es dabei in Wirklichkeit um Devisen ging, die von Anfang an nicht zur Verfügung gestanden hatten.

Man fragte nach dem Verhalten des Intendanten am 17. Juni und nach seiner moralischen Vorbildwirkung bei betrieblichen Feiern. Nach der Art eines beobachteten und von einer eifrigen Kollegin gemeldeten Kusses zwischen Zilles und einer attraktiven Mitarbeiterin wurde immer wieder geforscht.

Schließlich erfolgte, laut Protokoll, eine Summierung der Vorwürfe, hier auszugsweise in den damals verwendeten Formulierungen aufgelistet:

" - Deine Auffassung Frauen und Trinken gegenüber ist nicht parteimäßig. Es ist deine Hauptaufgabe zu stimulieren, damit das proletarische Element zum Zuge kommt.

- In der Technik hast du keine Basis. Darum versöhnlerisches Verhalten, dadurch die schlechte Situation im Betrieb. Die größte Schuld messen wir dir zu, du bist die längste Zeit in der Partei...

Die abschließende Frage, ob Hermann Zilles glaube in der Lage zu sein, den Betrieb weiterhin zu leiten, beantwortete dieser mit einem klaren "Ja." (6)

Darin lag keine Selbstüberschätzung. Viele leitende Kollegen nannten es ein Hauptverdienst des Intendanten, dass sich das Programm so schnell und erfolgreich entwickelt habe.

Dennoch durfte Hermann Zilles nicht in das FERNSEHZENTRUM zurückkehren. Stalin war gestorben, seine Methoden nicht.

Oberspielleiter Gottfried Herrmann und Chefredakteur Peter Klemm verließen, sobald sich die Intendanten-Nachfolge abzeichnete, von sich aus den Sender. Peter Klemm erwies sich als produktiver Sachbuchautor und Protagonist der Populärwissenschaft, Gottfried Herrmann wurde für viele Jahre der erfolgreiche Direktor des Berliner FRIEDRICHSTADT-PALASTES.

Für Hermann Zilles wurde eine kaum lebensfähige Halbmonatszeitschrift unterhaltenden Charakters, „Die Schatulle“, samt Chefredakteursposition geschaffen. Ihr war, wie vorauszusehen, keine bedeutende Laufzeit beschieden. Als aktiver Mann von den eigenen Genossen derart rüde ins Abseits gedrängt zu werden, hat Hermann Zilles' Lebenskraft aufgezehrt. Seinen zu frühen Tod haben viele einstige Mitarbeiter als einen schmerzlichen Verlust empfunden.

Einige Genossen scheinen später mit ihrem Gewissen in Konflikt geraten zu sein. So erhielt Käte Zilles, die junge Witwe des ersten Fernsehintendanten, die Möglichkeit, sich für eine Reihe von Jahren als Programmsprecherin in Adlershof ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Noch mehr als dreißig Jahre später sagte mir ein Uralt-Mitarbeiter des Fernsehens, der Redakteur, Reporter und erste Quizmaster des FERNSEHZENTRUMS Wolfgang Reichardt: "Man müßte diesen drei Fernsehpionieren, glaube ich, ein besonderes Denkmal setzen, jedem einzelnen: Pitt Klemm, Hermann Zilles und Gottfried Herrmann, die natürlich unterschiedlich waren, aber in diesem Spannungsfeld eine Ensemblewirkung erreichten, von der Leitungsseite her, die dem Fernsehen gut tat." (1)

Über seine frühere Zusammenarbeit mit Hermann Zilles sagte Gerhard Probst, der Technische Direktor für den Gesamtbereich des RUNDFUNKKOMITEES: "Die Atmosphäre war wohltuend sachlich, es war, wie man sagt, eine echte Zusammenarbeit. Seine berechtigten Forderungen konnten wir damals leider nicht alle erfüllen, aber ich habe aus den Gesprächen entnommen, daß Hermann Zilles (...) auch einen guten Kontakt zu den technischen Mitarbeitern im Fernsehzentrum selbst hatte."(1)

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