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2.3.1 Verbesserung des Umtauschverhältnisses

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§ 11 SEAG sieht ein Verfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses vor.[333] Über die Verweisung in § 11 Abs. 2 SEAG auf § 6 Abs. 1 SEAG findet auch bei der Holdinggründung die einschränkende Regelung des Art. 25 Abs. 3 SE-VO analoge Anwendung.[334] Danach ist dieses Verfahren nur dann anwendbar, wenn die übrigen Gründungsgesellschaften entweder in ihrem jeweiligen Sitzstaat ein entsprechendes Verfahren haben oder anderenfalls bei der Zustimmung zum Gründungsplan gem. Art. 32 Abs. 6 SE-VO durch ausdrücklichen Beschluss akzeptieren, dass die Gesellschafter der deutschen Gründungsgesellschaften auf dieses Verfahren zurückgreifen können.

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Liegen die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO vor, kann nach §§ 6 Abs. 1, 11 Abs. 2 SEAG eine Klage gegen den Zustimmungsbeschluss einer deutschen Gründungsgesellschaft nicht darauf gestützt werden, dass das Umtauschverhältnis der Anteile nicht angemessen ist. Ist das Umtauschverhältnis nicht angemessen, kann jeder Gesellschafter einer deutschen Gründungsgesellschaft nach § 11 Abs. 1 SEAG stattdessen von der Holding-SE einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen. Der Anspruch auf bare Zuzahlung wird jedoch entgegen der missverständlichen Gesetzesbegründung[335] nur solchen Gesellschaftern gewährt, die ihre Anteile in SE-Aktien umgetauscht haben.[336] Dieser Anspruch besteht unabhängig davon, ob der Gesellschafter gegen den Gründungsplan gestimmt hat;[337] anderenfalls müssten die Gesellschafter dem Zustimmungsbeschluss widersprechen, obwohl sie lediglich das Umtauschverhältnis angreifen wollen, und es ergäbe sich außerdem ein Widerspruch zu der inter-omnes-Wirkung der Entscheidung im Spruchverfahren gem. § 13 S. 2 SpruchG. Aus Gläubigerschutzgesichtspunkten unterliegt der Anspruch auf bare Zuzahlung den Grenzen der Kapitalerhaltungsregeln.

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Der Anspruch auf bare Zuzahlung ist gem. §§ 6 Abs. 3, 11 Abs. 2 SEAG nach Ablauf des Tages, an dem die Gründung der Holding-SE eingetragen und bekannt gemacht[338] worden ist, mit jährlich 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

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Die Regelung in §§ 6 Abs. 4, 11 Abs. 2 SEAG stellt die Verbindung zwischen einem Anspruch auf bare Zuzahlung und der gerichtlichen Nachprüfung im Spruchverfahren her.[339] Macht ein Gesellschafter einer Gründungsgesellschaft unter den Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO einen Anspruch auf bare Zuzahlung geltend, erfolgt eine gerichtliche Bestimmung einer angemessenen baren Zuzahlung nach dem SpruchG. Zuständig für das Spruchverfahren ist nach § 2 Abs. 1 SpruchG das Landgericht, in dessen Bezirk die Gründungsgesellschaft ihren Sitz hat, deren Gesellschafter antragsberechtigt sind, im Falle mehrerer zuständiger Landgerichte dasjenige, das zuerst in der Sache tätig geworden ist.[340]

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Um Doppelarbeit und sich widersprechende Entscheidungen deutscher und ausländischer Gerichte zu vermeiden, können nach §§ 6 Abs. 4 S. 2, 11 Abs. 2 SEAG auch Gesellschafter einer ausländischen Gründungsgesellschaft ein Spruchverfahren vor einem deutschen Gericht einleiten, wenn ihr nationales Recht ebenfalls ein derartiges Verfahren vorsieht und zudem die internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts gegeben ist. Gesellschafter einer Gründungsgesellschaft in einem Mitgliedstaat, der ein Spruchverfahren nicht kennt, können sich an dem deutschen Spruchverfahren nicht direkt beteiligen. Um ihnen die Sorge vor dem deutschen Spruchverfahren zu nehmen und die Zustimmung nach Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO zu erleichtern, werden ihre wirtschaftlichen Interessen, die durch eine aus dem Vermögen der Holding-SE aufzubringende bare Zuzahlung betroffen sind, dadurch geschützt, dass sie nach § 6a SpruchG durch einen gemeinsamen Vertreter am Spruchverfahren beteiligt werden, der durch das Gericht auf Antrag bestellt wird.[341]

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Im Umkehrschluss aus der Einschränkung in §§ 6 Abs. 1, 11 Abs. 2 SEAG folgt, dass in den Fällen, in denen die Voraussetzungen des Art. 25 Abs. 3 S. 1 SE-VO nicht vorliegen, die Möglichkeit der Anfechtungsklage gegen die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses erhalten bleibt. Stimmen also die Gesellschaften in Mitgliedstaaten, in denen kein Verfahren zur Verbesserung des Umtauschverhältnisses existiert, der Anerkennung des in Deutschland geltenden Spruchverfahrens nicht zu, können Anfechtungsklagen gegen den Zustimmungsbeschluss auch auf die Behauptung eines unangemessenen Umtauschverhältnisses gestützt werden.[342] Der Gründung einer Holding-SE droht in diesen Fällen das Damoklesschwert des Scheiterns, zumindest das Damoklesschwert „räuberischer Gesellschafter“.

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