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2.2.2 Abberufung

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Art. 39 Abs. 2 S. 1 SE-VO legt keine materiellen Voraussetzungen für die Abberufung fest. Zum Teil wird daraus gefolgert, dass deshalb ein wichtiger Grund für die Abberufung nicht vorliegen muss.[14] Da Art. 39 Abs. 2 S. 1 SE-VO aber nur die Zuständigkeit für die Abberufung durch den Aufsichtsrat regelt und nicht die Modalitäten der Abberufung, gilt vielmehr insoweit § 84 Abs. 3 S. 1 AktG über Art. 9c ii SE-VO. Die Bestellung zum Vorstandsmitglied kann somit gem. § 84 Abs. 3 S. 1 AktG vom Aufsichtsrat nur widerrufen werden, wenn ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt. Auch bei der Abberufung eines Vorstands einer deutschen SE ist somit ein wichtiger Grund erforderlich.[15]

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Ebenso wie die Bestellung zum Vorstandsmitglied erfolgt der Widerruf durch Beschluss des Aufsichtsrats nach § 108 AktG. Ist der Beschluss fehlerhaft, so ist auch der Widerruf unwirksam.

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Der Widerruf ist als interne Willensbildungsmaßnahme des Aufsichtsrats dem Vorstand gegenüber zu erklären. Die Erklärung erfolgt in der Regel durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, der vom Aufsichtsrat entsprechend im Beschluss bevollmächtigt wird.

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Eine Frist für den Widerruf sieht das Gesetz anders als bei der Kündigung des Dienstverhältnisses gem. § 626 Abs. 2 BGB nicht vor. Grenzen des Widerrufs ergeben sich allenfalls aus den Grundsätzen der Verwirkung.[16]

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Der Widerruf bedarf eines wichtigen Grundes. § 84 Abs. 3 S. 1 AktG will die Unabhängigkeit des Vorstands schützen und ist daher nicht abdingbar. Nach zutreffender Meinung kommt dem Aufsichtsrat bei der Entscheidung über das Vorliegen eines wichtigen Grundes ein Beurteilungsspielraum zu.[17] Die Gegenansicht[18] verkennt, dass der Aufsichtsrat im Interesse der Gesellschaft entscheiden können muss, was eine vertretbare Risikobeurteilung ist, und was als unvertretbare Fehlentscheidung zu werten ist.

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Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die Fortsetzung des Organverhältnisses bis zum Ende der Amtszeit für die Gesellschaft unzumutbar ist.[19] Bei dieser Entscheidung sind die Interessen der Gesellschaft gegen die Interessen des Vorstandsmitglieds abzuwägen,[20] wobei den Gesellschaftsinteressen Vorrang eingeräumt werden kann.[21] Die Gegenansicht,[22] die die Interessen des Vorstands allein über den Bestand seines Anstellungsvertrages und den durch § 626 Abs. 1 BGB vermittelten Kündigungsschutz berücksichtigen will, übersieht, dass der Vorstand auch anerkennenswerte Interessen an dem Bestand seines Organverhältnisses haben kann. Dem Vorrang der Gesellschaftsinteressen kann bei der Abwägung der wechselseitigen Interessen insoweit Rechnung getragen werden, als die materiellen Interessen des Vorstands über den Kündigungsschutz aus § 626 Abs. 1 BGB gewahrt werden.[23]

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Wann ein wichtiger Grund vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls und wird durch die bereits dargestellte Interessensabwägung festgestellt. Das Gesetz nennt als Beispiele die grobe Pflichtverletzung und die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung.

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Eine ausführliche oder gar abschließende Darstellung, wann eine grobe Pflichtverletzung vorliegt, ist an dieser Stelle nicht möglich. Als solche wurden ein grundlegender Vertrauensbruch, unrichtige Buchführung, Handeln zum Nachteil der Gesellschaft, Bestechlichkeit, unzulässige Kreditgewährung, Verweigerung von Berichten, nachhaltige Weigerung der Einrichtung eines Risikofrüherkennungssystems sowie die Aneignung von Gesellschaftsvermögen angesehen.[24]

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Die Unfähigkeit zur Geschäftsführung kann in persönlichen Gründen, wie z.B. einer langandauernden Krankheit oder dem Fehlen der notwendigen Kenntnisse für die Vorstandstätigkeit in der konkreten Gesellschaft liegen.[25]

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Ein Verschulden des Vorstandsmitglieds ist für die Beurteilung des Vorliegens eines wichtigen Grundes nicht erforderlich.[26]

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Unabhängig vom Verschulden des Vorstands und seinem Verhalten gibt das Gesetz in § 84 Abs. 3 S. 2 AktG als wichtigen Grund für den Widerruf der Bestellung auch den Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung vor, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Einer besonderen Begründung des Hauptversammlungsbeschlusses bedarf es nicht. Selbst wenn dem Vorstandsmitglied keinerlei persönlicher Vorwurf zu machen ist und es sogar objektiv im Recht ist, genügt der Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung.[27]

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Die Möglichkeit der Hauptversammlung, dem Vorstand das Vertrauen zu entziehen und damit den Widerruf seiner Bestellung zu ermöglichen, ist letztendlich Ausdruck der Machtbalance zwischen den Gesellschaftsorganen. Die eigenverantwortliche Stellung des Vorstandsmitglieds zur Leitung der Gesellschaft gem. § 76 Abs. 1 AktG und damit Wahrung fremder Vermögensinteressen ist nur zu rechtfertigen solange das Vorstandsmitglied vom Vertrauen der Hauptversammlung getragen wird.[28]

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Der Vertrauensentzug bedarf, um Grundlage für den Widerruf sein zu können, eines Beschlusses der Hauptversammlung, der vor Ausspruch des Widerrufs gefasst wird. Eine Genehmigung des Widerrufs ist ebenso wenig möglich wie der außerhalb der Hauptversammlung ausgesprochene Vertrauensentzug durch den Mehrheitsaktionär. Auch die Entlastungsverweigerung durch die Hauptversammlung reicht als Vertrauensentzug noch nicht aus. Eine Entlastungsverweigerung bedeutet nur, dass die Hauptversammlung mit den Maßnahmen des Vorstands in der Vergangenheit nicht einverstanden ist, muss aber noch nicht bedeuten, dass die Hauptversammlung die zukünftige Zusammenarbeit mit dem Vorstand grundsätzlich ablehnt.[29]

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Gem. § 84 Abs. 3 S. 4 AktG ist der Widerruf mit Zugang der Erklärung, die meist durch den Aufsichtsratsvorsitzenden erfolgt, beim Vorstand wirksam. Durch diese Norm soll die Unsicherheit über das Bestehen des Organverhältnisses beseitigt und Rechtssicherheit geschaffen werden.[30] Der Vorstand kann auf Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufs vor den ordentlichen Gerichten klagen. Die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts kann nicht vereinbart werden. Die Klage ist gegen die AG, vertreten durch den Aufsichtsrat, zu richten. Es handelt sich um eine Gestaltungsklage. Das Gericht erklärt im Tenor die Abberufung für unwirksam.[31]

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Eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz kann der Vorstand gegen die Abberufung nur herbeiführen, wenn Formfehler gerügt werden. Das Fehlen eines wichtigen Grundes kann wegen § 84 Abs. 3 S. 4 AktG nicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren geltend gemacht werden.[32]

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