Читать книгу Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea - Hans-Peter Schwintowski - Страница 377
3.5.1 Aufsichtsratsvorsitzender und sein Stellvertreter
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Das Aufsichtsorgan wählt gem. Art. 42 S. 1 SE-VO aus seiner Mitte einen Vorsitzenden. Bei mitbestimmten SE darf der Vorsitzende nur ein von der Hauptversammlung der Aktionäre bestelltes Mitglied sein (Art. 42 S. 2 SE-VO).[145] Dies gilt aufgrund analoger Anwendung des Art. 42 S. SE-VO ebenfalls für dessen Stellvertreter.[146] Diese Einschränkung ergibt sich daraus, dass der Stellvertreter die Befugnisse des Vorsitzenden bei dessen Verhinderung erhält und somit auch über das Recht zum Stichentscheid nach Art. 50 Abs. 2 verfügt.[147] Diese Beschränkung stellt auch keine unzulässige Korrektur der Verordnung durch den nationalen Gesetzgeber dar,[148] da Regelungen über den Stellvertreter im Ermessen der Mitgliedstaaten liegen.[149] Weitergehende Vorgaben gibt die SE-VO nicht. Auch das SEAG enthält keine Regelungen, sodass über Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO § 107 AktG für das Aufsichtsorgan der SE zur Anwendung kommt.
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Der Aufsichtsrat muss gem. § 107 Abs. 1 S. 1 AktG einen Vorsitzenden und mindestens einen Stellvertreter aus seinen Reihen wählen. Diese Bestimmung ist zwingend. Die Satzung kann die Wahlbefugnis weder auf die Hauptversammlung verlagern noch einem Aktionär oder einer Aktiengattung das Recht einräumen, den Aufsichtsratsvorsitzenden zu bestimmen.[150] Bestimmungen, die das aktive oder passive Wahlrecht einschränken, sind mit dem Gesetz nicht vereinbar. Einzelnen Aufsichtsratsmitgliedern können keine Mehrstimmrechte oder Stichentscheidsrechte bei Stimmengleichheit zuerkannt werden. Ebenso wenig zulässig sind Stimmvorbehalte für Personen, die nicht dem Aufsichtsrat angehören.
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Jeder Kandidat darf für sich selber stimmen. Wenn in der Satzung nichts anderes geregelt ist, erfolgt die Wahl mit einfacher Stimmenmehrheit.[151]
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Die Amtszeit des Vorsitzenden kann durch die Satzung, die Geschäftsordnung, oder soweit dort keine Regelungen enthalten sind, durch Wahlbeschluss des Aufsichtsrats festgelegt werden. In der Regel wird die Wahl für die Dauer der Amtszeit als Aufsichtsratsmitglied gelten.[152]
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Der Aufsichtsrat kann den Vorsitzenden jederzeit mit der Mehrheit abberufen, die für die Wahl erforderlich war. Die Satzung kann höhere Mehrheiten oder wichtige Gründe für die Abberufung verlangen. Der Aufsichtsratsvorsitzende kann den Vorsitz niederlegen ohne zugleich sein Aufsichtsratsmandat niederlegen zu müssen.[153]
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Die Regelungen für die Wahl und die Amtszeit des Aufsichtsratsvorsitzenden gelten für den Stellvertreter entsprechend. Der Aufsichtsrat muss gem. § 107 Abs. 1 S. 1 AktG mindestens einen Stellvertreter wählen. Er kann mehrere Stellvertreter wählen.[154] Die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und seiner Stellvertreter muss gem. § 107 Abs. 1 S. 2 AktG im Handelsregister angemeldet werden.
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Der Aufsichtsratsvorsitzende hat grundsätzlich die organisatorischen Aufgaben, die der Leiter eines Kollegialorgans typischerweise besitzt. Er beruft die Sitzungen des Aufsichtsrats ein, legt die Tagesordnung fest und leitet die Aufsichtsratssitzungen. Er bringt die Beschlüsse und Ergebnisse der Aufsichtsratsausschüsse in das Plenum ein und koordiniert die Ausschussarbeit. Der Aufsichtsratsvorsitzende repräsentiert weiterhin den Aufsichtsrat nach außen, insbesondere gegenüber dem Vorstand. Er ist ständiger Ansprechpartner und Berater des Vorstands. In dieser Funktion nimmt er die Berichte des Vorstands entgegen und bringt sie in den Aufsichtsrat ein. Die Satzung bestimmt in der Regel, dass der Aufsichtsratsvorsitzende auch die Hauptversammlung leitet.[155] In einigen Sonderfragen, insbesondere bei Anmeldungen zum Handelsregister und in mitbestimmten Unternehmen, gibt es ausdrückliche gesetzliche Kompetenzzuweisungen an den Aufsichtsratsvorsitzenden.[156]