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Stefan stand am Grill und wendete die Steaks. Er hätte zu gerne gewusst, ob Sophie wirklich nur an einer neuen Sportart interessiert war. Er bezweifelte es. Sophie war von Natur aus neugierig. Eine Schnüfflerin, die in ihrem Job perfekt aufgehoben war. Sie war immer wie ein Pitbull, wenn sie an einer Sache dran war. Schon damals als Polizeireporterin war sie hartnäckiger als ihre Kollegen. Die deutsche Prominenz musste sie regelrecht fürchten. Und jetzt hatte sich ihr Verdacht bestätigt. Aber das würde er ihr auf keinen Fall erzählen.

»Und?« Er deutete auf ihr Handy. »Gute Nachrichten? Vielleicht vom Showmaster?«

»Nein. Kurze Gratulation zu den Verkaufszahlen der letzten Ausgabe.«

»Ach, wegen der Enthüllungsstory über deinen Ex? Ja, dem hast du ganz schön eine verpasst.«

Sophie sah ihn kalt an. Sie wollte gerade etwas sagen, als Tina zurück auf die Terrasse kam. »Die Mäuse schlafen. Sag mal, Sophie, stimmt es, dass du Paul Hundefutter zu essen gegeben hast? Er hat behauptet, du findest es genauso lecker wie er!«

Stefan nahm die Steaks vom Grill und legte sie auf eine Platte. »Setzt euch! Ich glaube, sie sind perfekt.«

In den nächsten Minuten war außer »Mmh!« und »Lecker!« nichts zu hören. Stefan wollte die Gelegenheit nutzen und Sophie ein bisschen ausquetschen. Das Problem war nur, dass sie nicht dumm war. Er musste sich schon sehr geschickt anstellen, damit sie keinen Verdacht schöpfte. Wenn er zu freundlich wäre, würde sie den Braten sofort riechen.

»Und? Wie ist die Stimmung bei deinen neuen Sportsfreunden in Gold?«, fragte er ganz nebenbei.

Sophie grinste. »Du willst wissen, ob ich schon einen Verdächtigen habe?«

»Haha! Ich wollte nur etwas Konversation betreiben.«

»Ich glaub dir kein Wort! Außerdem kannst du doch einfach deine Kollegen fragen. Die haben ja heute eine Riesenwelle aus ihrer Zeugenbefragung gemacht. Eins kannst du mir glauben, alle wissen jetzt, dass es nicht nur um einen Unfall geht. Der Mörder ist definitiv gewarnt. Aber zurück zu deiner Frage. Die Stimmung ist wieder etwas besser. Der erste Schock scheint vorbei zu sein und alles läuft wieder nach Plan.«

Stefan sah sie unschuldig an. »Ich wollte nur wissen, ob vielleicht jemand irgendetwas über Sarah erzählt hat. Zum Beispiel, dass sie öfter mal nachts gekitet ist.«

»Ach, soll ich jetzt doch für dich spionieren?«

Stefan seufzte genervt. Mit genau dieser Reaktion hatte er eigentlich gerechnet. Sophie blitzte ihn wütend an. »Willst du mich eigentlich verarschen? Ihr geht nicht von einem Unfall aus! Ihr sucht einen Mörder! So, und jetzt entschuldigt mich. Ich geh ins Bett. Ich bin hundemüde und morgen um neun geht es weiter. Gute Nacht! Pelle!« Ihr Hund rührte sich nicht. »Wie du willst, dann schläfst du eben draußen.« Sophie gähnte und ging ins Haus.

Stefan atmete tief durch. Das Mädchen war in Leitungswasser ertrunken. In einem Pool oder einer Wanne ertränkt worden. Sophie hatte tatsächlich recht gehabt. Man hatte die Tote an den Strand gelegt.

»Stefan?« Seine Frau lächelte ihn müde an. »Ich geh auch schlafen. Ich bin total kaputt. Zu viel Sonne, Strand und Familienglück. Grüble nicht mehr zu lange, ja?«

»Nacht, Zaubermaus. Ich komm bald. Muss nur noch über was nachdenken. Lass alles stehen, ich räum das ab.«

»Pelle? Letzte Chance bei Frauchen zu schlafen.«

Pelle schmatzte genüsslich und rollte sich zur Seite. Tina zuckte mit den Schultern. Stefan lehnte sich zurück und fasste zusammen. Die Leiche war abgelegt worden. Der Täter hatte wohl gehofft, dass man nur den Tod durch Ertrinken feststellen würde. Eine Ertrunkene wird morgens am Strand gefunden. Furchtbar zwar, aber so etwas passierte nun einmal. Er konnte davon ausgehen, dass man die Leiche nicht weiter untersuchen würde. Und er wäre ja auch damit durchgekommen. Die Polizei von Fehmarn hätte sicher keinen Mord vermutet. Nicht mal er hatte es in Erwägung gezogen. Und was war mit der anderen, dieser Sandra? Scheiße, sie würden sie ebenfalls obduzieren lassen müssen. Hoffentlich lag sie noch irgendwo in einem Kühlschrank. Stefan nahm sein Telefon aus der Hemdtasche und wählte die Nummer seines Kollegen in Lübeck.

»Chef?«, meldete sich Ingo Schölzel.

»Ingo, weißt du, ob diese Sandra noch irgendwo in der Truhe liegt? Diese Ertrunkene von letzter Woche.«

»Ja, zufälligerweise. Sie liegt beim Bestatter in Burg. Ihre Eltern waren verreist, Florida. Sie konnten sich erst jetzt um einen Beerdigungsunternehmer kümmern. Sie wollen sie morgen holen lassen.«

Stefan nickte und überlegte.

»Bist du noch dran?«

»Natürlich!«, antwortete er schroff. »Ruf die Eltern an. Wir müssen sie untersuchen. Gleich morgen früh. Ruf Franck an! Ich kümmere mich um den Staatsanwalt.«

»Erklärst du mir, was los ist?«, fragte Ingo verwirrt.

»Morgen in der Rechtsmedizin. Bis dann.«

Stefan klappte den Handydeckel zu und fluchte innerlich. Er hätte gern noch ein Bier getrunken und sich dann an seine Frau gekuschelt. Doch er war viel zu unruhig, um an Schlaf denken zu können. Vielleicht gab es sogar zwei Opfer. Irgendwo da draußen lief ein Mörder frei herum. Und dem wäre fast ein perfekter Mord gelungen.

Tina schlich leise über den Flur. Sie sah, dass Sophie noch Licht brennen hatte. Leise klopfte sie an.

»Komm rein!«

»Du schläfst ja noch gar nicht.«

Sophie schlug die Decke zur Seite und klopfte auf die Matratze. Tina kuschelte sich neben ihre Freundin.

»Der Vormittag war toll! Stell dir vor, ich bin durch die Luft geflogen. In der Mittagspause kamen dann die Kollegen von Stefan. Sie haben alle befragt, in der Hoffnung noch einen Zeugen zu finden oder mehr über diese Sarah zu erfahren. Damit ist der zweite Teil des Kurses ins Wasser gefallen.«

»Und? Hatten sie Erfolg?«

Sophie schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Da musst du deinen Mann schon direkt fragen. Mir sagt doch keiner was.«

Tina ärgerte sich, dass sie gefragt hatte. Sie wollte auf keinen Fall eine neue Diskussion. »Was habt ihr denn dann alle noch so lange gemacht?«

»Wir haben am Strand ein paar Bier gezischt. Der Kurs wird jedenfalls morgen nachgeholt.«

»Und ich hatte Angst, dass du dich hier langweilen würdest.«

»Ich langweile mich ganz bestimmt nicht! Da sind zum einen die Morde und landschaftlich ist es hier wirklich schön. Nicht ganz so wie Phuket oder Ibiza, aber eben anders schön. Und schnuckelige Typen findet man hier auch. Da ist dieser Ben. Der ist richtig lecker. Er haust in einem Bus. Stell dir das mal vor. Von dem würde ich mich gerne über Felix hinwegtrösten lassen.«

»Ben? Der Hippie, der sich in Thailand das Hirn weich gekifft hat? Willst du dich jetzt in ein Abenteuer stürzen?«, fragte sie entsetzt.

»Wer weiß?«, grinste Sophie. »Außerdem ermittle ich doch! Miss Marple ist doch auch keiner Gefahr aus dem Weg gegangen und sie hatte am Ende immer einen Verehrer, der sie heiraten wollte.«

»Sie ist aber auch ein paarmal fast draufgegangen!«

»Woher weißt du eigentlich, dass er in Thailand war?«

»Mensch, Miss Marple, jetzt streng deine grauen Zellen mal an. Das ist Fehmarn. Nicht New York, London, Tokio. Wenn einer, der hier aufgewachsen ist, für ein paar Jahre auswandert, dann weiß das jedes Schaf!« Tina grinste. »Du bist scharf auf einen obdachlosen Spinner.«

»Tina, hör auf! Das habe ich doch gar nicht gesagt. Ach, es ist doch nur so, dass ich Ben sehr attraktiv finde. Darüber bin ich fast erleichtert. Ich hatte schon Angst, dass ich nach der Geschichte mit Felix zu so einer Männerhasserin werde. Keine Sorge, ich stürze mich bestimmt nicht sofort in die nächste Affäre. Der andere, dieser Olli, ist übrigens auch ganz schnuckelig.«

»Der ist jedenfalls nicht zu beneiden. Dein cooler Kitelehrer muss in den Wintermonaten die Kühe seiner Eltern hüten.«

»Was?«

»Im Ernst! Seine Eltern haben hier einen riesigen Hof und Sohnemann weiß nicht, was er will! Den Hof eigentlich nicht, aber außer ein paar abgebrochenen Semestern hat er nichts auf der Vita. Dabei war er ganz gut in der Schule. Ob er will oder nicht, er wird als reicher Bauer enden.« Sophie sah sie verblüfft an. »Ich war mit Olli in einer Klasse!«, erklärte Tina.

»Wozu mach ich eigentlich einen Kitekurs und riskier meine Knochen, um ein bisschen Zugang zu der Szene zu bekommen, wenn die beste Informantin hier sitzt?«

Tina lachte. »Sagtest du nicht, dein Interesse am Kitesport hätte rein gar nichts mit den Morden zu tun?«

»Ja, das sagte ich zu Stefan!«

»Stoppen kann dich sowieso niemand und wer die Frauen umgebracht hat, weiß ich nicht. Das musst du schon selbst herausfinden.« Und pass bloß auf dich auf, dass du nicht die Nächste bist, beendete Tina gedanklich den Satz.

»Das mach ich auch.«

»Ich sollte ins Bett gehen. Die Nacht hält noch ein paar Unterbrechungen für mich bereit.«

Tina schlich in ihr Schlafzimmer. Sie kuschelte sich in ihr Bett und knipste die Nachttischlampe aus. Ben, dachte sie, was war denn noch mit Ben? Es wollte ihr nicht einfallen. Sie war zu müde und außerdem war Sophie schon ein großes Mädchen. Zumindest würde Ben sie von diesem schrecklichen Felix ablenken. Dass dieser Samstagabendguru eine ganze Nation verarschte, unglaublich! Arme Sophie! Auch wenn ihr Mann bestimmt nicht sehr glamourös war und oft schrecklich überarbeitet und mies gelaunt, wusste sie, dass sie nie einen anderen haben wollte. Dass Sophie sich ausgerechnet Ben aussuchen musste? Der Typ war doch schon immer irgendwie anders gewesen. Aber wahrscheinlich war Ben tatsächlich weniger gestört als ihr alter Klassenkamerad Olli. Plötzlich war sie wieder hellwach. Da war doch damals dieses Mädchen in ihrer Klasse. Ja, Fenja! Sie war ertrunken.

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