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Sophie fuhr in ihrem BMW nach Gold. Pelle saß auf dem Beifahrersitz und guckte über den Außenspiegel, die Nase im Wind. Ben stand bereits an der Straße. Er trug ebenfalls Jeans und T-Shirt und Sophie war froh, sich noch umgezogen zu haben.

»Toller Schlitten!«

»Leasing!« Sophie scheuchte Pelle nach hinten und Ben stieg ein. Er sah ziemlich schlecht gelaunt aus, stellte sie fest.

»Wir müssen nicht zusammen essen, wenn du keine Lust dazu hast.«

Ben sah sie erschrocken an. »Wie? Entschuldige! Ich hatte nur eine ziemlich schräge Begegnung mit den Bullen.«

»Die Polizei war bei dir?«

»Ja und nein. Eigentlich waren sie auf der Suche nach Olli, aber der hat zwei Tage frei.«

»Und wo steckt er?«

Ben schüttelte langsam den Kopf und lehnte sich zurück. »Ich hab keinen Schimmer. Aber ich habe auch eine gute Nachricht. Hanjo hat ab morgen wieder eine Aushilfe und ich muss in den Pausen nicht den Kellner spielen.«

»Na endlich! Der arme Mann hat mir schon richtig leidgetan. Wieso hat er sich denn nicht früher gekümmert?«

Ben seufzte. »Er hatte ja eine Kellnerin, nur die hat sich den Fuß gebrochen. Außerdem ist er total überfordert. Sonst hat sich seine Frau immer um alles gekümmert.«

Sophie parkte den Wagen auf dem Parkplatz am kleinen Hafen von Orth. Sie liefen die paar Meter zum Restaurant und setzten sich an einen freien Außentisch. Der Kellner brachte ihnen die Speisekarten und zwei Ouzo.

Ben hob sein Glas. »Auf unser Land und unsere Polizeibeamten!«

»Prost!« Sophie trank einen Schluck und studierte dann die Speisekarte. Wie Ben bestellte sie die größte Fleischplatte, die auf der Karte stand.

»Dieser Oberhauptkommissar Sperber, das ist vielleicht ein ätzender Sack!«, nahm Ben den Faden wieder auf.

Sophie traute ihren Ohren nicht. »Sperber?«

»Ja, so hieß er.« Ben zündete sich eine Zigarette an.

»Was kann die Polizei denn von Olli gewollt haben?«

Ben zuckte mit den Schultern. Sophie beschloss, ihm die Wahrheit zu sagen. »Dieser unfreundliche Typ, dieser Kommissar, ist der Mann meiner Freundin.«

»Du lebst mit diesem Sack unter einem Dach?«

»Ja und nein. Er ist eigentlich nie da. Stefan ist die Woche über in Lübeck.«

»Heute ist Montag!«

»Eben!«

»Da komm ich gerade nicht mit.«

»Wegen einer Zeugenaussage hätte Stefan nicht persönlich seinen Hintern nach Fehmarn gebracht«, erklärte Sophie vorsichtig.

Ben sah sie fragend an. »Was willst du damit sagen? Du meinst doch nicht, dass sie Olli verdächtigen? Das ist total lächerlich! Er hat sie geliebt! Und außerdem sind doch zwei Mädchen tot. Diese Sandra machte einfach einen Kurs bei ihm. Sie war ziemlich langweilig, aber …«

Die Platten wurden auf den Tisch gestellt. Pelle setzte sich sabbernd vor den Tisch.

»Ben! Wenn du eine Ahnung hast, wo Olli steckt, dann solltest du ihm dringend empfehlen, mit der Polizei zu sprechen.«

»Das hatte ich eigentlich bereits getan. Aber mal im Ernst. Da gibt es doch gar keinen Zusammenhang. Sandra und Sarah kommen… kamen aus verschiedenen Welten. Sandra war aus Düsseldorf. Sie machte hier Ferien. Sie war allein angereist und hatte ein Zimmer in einer kleinen Pension im Nachbarort gemietet. Und Sarah lebte seit ein paar Monaten auf der Insel. Sie hatte ein schickes Appartement in Orth. Sie war kurz davor, die Deutschen Meisterschaften zu gewinnen.«

Sophie konzentrierte sich. Es musste einen Zusammenhang geben. »Wie sahen die beiden denn aus? Ich meine, wie würdest du sie beschreiben?«

Ben sah sie verwirrt an. »Wie sie aussahen? Puh! Sarah war ziemlich groß. Blonde Haare, schlank … Sie war hübsch. Und Sandra, ich habe sie ja nur ein paarmal gesehen. Sie war in Ollis Anfängerkurs, aber …« Er pfiff durch die Zähne. »Sie war zwar ganz anders, aber reduziert aufs Körperliche, Bingo! Groß, blond, schlank!«

Sophie schnalzte mit der Zunge. War das der Schlüssel? Konnte es tatsächlich so simpel sein? Wählte der Mörder seine Opfer zufällig, wenn sie in sein Beuteschema passten?

Olli saß bei seinem Kumpel Tobias auf dem Sofa und trank das dritte Bier.

»Essen ist gleich fertig!«, erklärte Tobias und balancierte ein Tablett mit Geschirr und zwei Martini auf seinem Schoß. »Und komm mir nicht damit, dass du keinen Hunger hast! Es gibt wunderbare Steaks, gebackene Kartoffeln und einen tollen Salat. Hier, ein kleiner Aperitif zur Einstimmung auf das Festmahl. Gerührt und nicht geschüttelt, oder wie war das noch?«

Olli hatte tatsächlich Hunger. Aus der Küche kam ein wunderbarer Duft. »Was würde ich nur ohne dich machen!«

»Wahrscheinlich verhungern! Prost!« Tobias trank einen Schluck und stellte das Glas auf den Tisch. »Sorry, aber ich muss wieder an den Herd. Das perfekte Steak ist eine Frage des Timings.«

Er wendete und fuhr in die Küche. Olli schluckte. Er würde sich nie daran gewöhnen, Tobias im Rollstuhl zu sehen. Er war mal einer der besten Surfer gewesen, bis er vor drei Jahren diesen grauenhaften Unfall hatte. Vor Sylt war er bei einem Rennen gestürzt und das Brett hatte mit voller Wucht seinen Rücken erwischt. Er würde seine Beine nie wieder bewegen können. Doch statt an der Situation zu zerbrechen, machte Tobias das Beste daraus. Wie früher auf dem Wasser hatte er monatelang in der Rehaklinik gekämpft. Schneller, als die Ärzte es für möglich gehalten hatten, war er so fit, dass er ohne Hilfe klarkam. Er hatte sich in Hamburg eine Wohnung im Erdgeschoss gemietet und sie behindertengerecht umbauen lassen. Als eine Straßenecke weiter ein Ladenlokal frei wurde, hatte er beschlossen, einen Surfladen zu eröffnen. Das Geschäft wurde zu einer echten Goldgrube. Auch wenn er nun im Rollstuhl saß, drehte sich sein Leben weiter um seine große Leidenschaft. Es gab keine Anzeichen von Neid oder Verbitterung. Wenn er doch ein bisschen was von Tobias hätte. Dann würde er jetzt wissen, was er als Nächstes zu tun hätte.

Kurze Zeit später saßen sie am Esstisch und genossen die butterzarten Steaks. »Der Hammer!«, schwärmte Olli. »Ich kann mich nicht erinnern, jemals so gut gegessen zu haben!«

»Nicht übertreiben. Aber danke!«, erwiderte Tobias trocken und schenkte Rotwein nach.

Olli tunkte den Rest der Soße mit seinem Brot auf. Er wusste nicht, wie er anfangen sollte. Tobias kam ihm zuvor. »So, und vor dem Espresso würde ich doch gern noch den Grund deines spontanen Besuchs erfahren. Du siehst scheiße aus! Was hat dir die Petersilie verhagelt?«

Olli schluckte.

»Hey! Raus damit! Los, langweile mich mit deiner Story. Ich lauf bestimmt nicht weg!«

»Ich hatte eine Romanze, Affäre, ein Verhältnis, was weiß ich.«

»Klingt ja wirklich schlimm! Da bin ich natürlich besser dran. Über so was muss ich mir nämlich keine Gedanken mehr machen.«

Olli sah an ihm vorbei ins Leere.

»Sorry«, entschuldigte sich Tobias. »Ich bin ein bisschen zynisch geworden. Was ist denn jetzt mit deiner Perle?«

»Sie ist tot.«

Tobias sah ihn erschrocken an. »Ach du Scheiße! Mann, Olli, das tut mir leid! Ich dachte, du hättest ein bisschen Liebeskummer. Irgendwas, das mit drei Flaschen Rotwein zu heilen ist.«

Mit zitternder Hand griff Olli nach seinem Glas und trank einen Schluck, bevor er weitersprach. »Sie ist ertrunken!« Er atmete tief durch und flüsterte: »Wie Fenja.«

»Fenja? Das ist doch eine Ewigkeit her. Da musst du doch langsam mal drüber weg sein.«

Olli sah ihm in die Augen. »Nein! Ich werde nie darüber hinwegkommen. Nie!«

Tatort Ostsee

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