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Stefan saß an seinem Schreibtisch und massierte sich mit beiden Daumen die Schläfen. Im Grunde mochte er Lutz Franck, aber heute war er ihm auf die Nerven gegangen. Sicher konnte der nichts dafür, dass die Polizei noch immer keine heiße Spur hatte, aber musste er ihn deshalb an seinen Fehler erinnern? Die Tür ging auf und seine Kollegen traten ein. Ihre deprimierten Gesichter versprachen keinen Durchbruch.

»Dieser Scheißfall«, knurrte Ingo und ließ sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch fallen. Robert setzte sich auf die Fensterbank und Gerdt trat unruhig von einem Bein auf das andere.

»Nichts?«

Robert schüttelte den Kopf. »Wir haben noch mal bei den Schmidts angerufen. Sandra kannte niemanden auf Fehmarn, da waren ihre Eltern sich sicher. Sandra war das erste Mal auf der Insel. Sie hatte einen Freund und die Beziehung war angeblich sehr harmonisch. Er hatte sich kurz vor dem Urlaub den Fuß gebrochen und da hat sie sich entschlossen, allein zu fahren. Aber das ist ja alles nichts Neues.«

Stefan seufzte. Genau das hatten die Eltern schon bei der ersten Befragung erzählt. »Dann war es purer Zufall, dass es sie traf.« Die Kollegen zuckten mit den Schultern und nickten. »Seid ihr die Zeugenaussagen alle noch mal durchgegangen?«

»Mit den Zeugenaussagen hat sich der Kollege beschäftigt«, erklärte Robert mit einem Kopfnicken.

Gerdt schnappte nach Luft. »Ich bin sie alle noch mal durch. Da sind nur ein paar Kleinigkeiten«, begann er hektisch. »Diese Clara Burmeister tritt auch bei den Deutschen Meisterschaften an. Sie waren Konkurrentinnen, Sarah Müller und sie. Diese Clara hat einen Freund, der sie managt und so. Karl Weber. Der hat eine Vorstrafe wegen Körperverletzung.«

Stefan riss die Augen auf. »Wieso wussten wir das bis jetzt nicht?«

»Ich habe das erst vorhin mal gescheckt. War so ein Schuss ins Blaue. Bis jetzt hatten wir ihn gar nicht auf dem Zettel. Äh, und er war wohl gar nicht auf Fehmarn. Diese Clara hat ausgesagt, dass er in Frankfurt ein Meeting mit möglichen Sponsoren hatte. Sie hat ihn dort im Hotel angerufen.«

Stefan nickte. »Überprüf das. Sonst noch was?«

»Ähm, vielleicht. Dieser Oliver Konrad, dieser Kitelehrer, war nach der Aussage dieser Clara Burmeister der Freund oder so von dieser Sarah. Sie haben ihr Verhältnis wohl geheim gehalten, aber ab und zu … na ja … jedenfalls haben die ab und zu geknutscht und sie hat wohl auch zwischendurch in seinem Wohnmobil übernachtet.«

»Was?« Stefan brüllte dazwischen. Seine Kollegen sahen ihn erschrocken an. »Wo ist die Zeugenaussage von diesem Typen?« Er wühlte verzweifelt in seinen Unterlagen herum.

»Ich hab hier eine Kopie.« Ingo reichte ihm das Blatt.

Nach ein paar Sekunden wusste Stefan, was seine Alarmglocken hatten klingeln lassen. »Zitat: Sarah trainierte hier. Wir waren Bekannte. Ich habe mit ihr trainiert. Sie wollte an den Deutschen Meisterschaften teilnehmen…

Bekannte! Wieso hat der Typ uns verschwiegen, dass er sie gevögelt hat? Ingo, wir beide fahren sofort nach Gold und knöpfen uns diesen Olli mal vor. Und dann bitten wir ihn, noch mal genau zu überlegen, wie sein Verhältnis zu Sarah war. Vielleicht fällt ihm nun wieder ein, dass sie sich viel näher waren.«

»Und wenn nicht?«

»Dann kann er seinen Anwalt anrufen und sich auf eine Reise nach Lübeck freuen, all inclusive. Das ganze Programm. Fingerabdrücke, DNA … Wir bohren ein bisschen, machen ihm Angst und wenn wir Glück haben, verhaspelt er sich.«

»Und wenn wir Pech haben?«

»Dann haben wir immer noch nichts! Das heißt ja nicht, dass er es nicht war, aber wir müssen ihn laufenlassen und von vorne anfangen. Und wir müssen noch mehr über diese andere …«

»Sandra.«

»Ja. Alles, was wir über sie wissen, ist mir zu glatt. Vielleicht hatte sie ein kleines Abenteuer. In einem Punkt bin ich mir jedenfalls sicher. Die Frauen wurden von ein und derselben Person ertränkt. Und solange wir im Dunkeln tappen, können wir nicht ausschließen, dass wir es tatsächlich mit einem Serienmörder zu tun haben.«

Ben schloss den Schuppen auf und nahm Sophie das Board ab, um es zu verstauen. »Du warst richtig gut!«, bemerkte er beiläufig. Er wollte auf keinen Fall zu viel Interesse zeigen.

»Ach, spinn doch nicht! Ich war ja mehr unter Wasser als auf dem Brett.«

»Jetzt untertreib mal nicht. Immerhin warst du auf dem Brett! Zum Schluss bist du doch richtig lange drauf geblieben. Ich habe in meinem Kurs Fortgeschrittene, die sich schwerer tun.«

»Ich soll also mit dem Kiten weitermachen?«

»Na klar!«, rief er verwundert. »Als Nächstes musst du aber lernen zu wenden. Du kannst nicht immer den ganzen Weg zurücklatschen.« Ben öffnete den Reißverschluss seines Neoprenanzuges. »Du solltest das ausziehen!«, meinte er nebenbei und deutete auf ihren Anzug.

»Das habe ich irgendwann schon mal gehört!« Sophie lächelte ihn ironisch an. »In diesem Fall werde ich der Aufforderung sogar Folge leisten.«

Ben konzentrierte sich auf das Türschloss, um nicht wieder in die Versuchung zu kommen sie anzustarren.

»Ich muss zugeben, dass es mir richtig Spaß macht!«, plapperte Sophie munter.

Kiten oder ausziehen, fragte Ben sich verwirrt. Sophie trug einen schlichten schwarzen Bikini und sah umwerfend aus. Ein knackiger Po und tolle Brüste. Doch am Schönsten war ihr Gesicht. Ein paar nasse Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Zopf gelöst und klebten an ihrer Stirn wie bei einem kleinen Mädchen.

»Was ist eigentlich mit den anderen?«, fragte Ben, um sich abzulenken. Sophie sah ihn irritiert an. »Na, mit den Leuten in deinem Kurs? Machen die auch weiter?«

Sie überlegte kurz. »Bärchen und Bienchen sind abgereist. Sie wollten nicht in die Hände des Serienkillers fallen. Und die Kiffer aus Berlin fahren weiter nach Dänemark, Party machen.«

»Und die alten Hippies?«

»Ein schräges Pärchen, oder? Sie streiten sich nur noch. Sag mal, habt ihr hier immer so viele Pflegefälle?«

»Ich fürchte, ja!«

Ein paar Typen näherten sich der Hütte. Ben fluchte innerlich. Gerade war das Eis zwischen ihnen gebrochen und ausgerechnet jetzt musste er sich um Kunden kümmern.

»Da kommen schon wieder neue Patienten«, flüsterte Sophie verschwörerisch.

»Na wunderbar! Eigentlich wollte ich für heute Schluss machen.« Ben setzte alles auf eine Karte. Wenn er jetzt nicht fragen würde, würde er es nie mehr tun. »Gehen wir später zusammen essen?« Sie würde nie mit ihm essen gehen. Er musste verrückt geworden sein.

»Wann und wo?«

Hatte er richtig gehört? Ben überlegte kurz. »Hast du großen Hunger?«

»Ich könnte ein ganzes Schwein essen!«

»Das lässt sich machen!«, lachte er. »Wir haben einen netten Griechen in Orth. Riesige Portionen, Fleischberge! Alles schön fettig und mit viel Knoblauch.«

»Klingt sehr gut! Soll ich dich abholen?«

»Ich kann dich auch abholen.«

»Sicher«, schmunzelte Sophie. »Allerdings muss ich nur in mein Auto springen und losfahren. Du musst erst das Geschirr wegräumen und was weiß ich nicht, um mit deinem Haus vorzufahren.«

»Das ist ein Argument!«

Sophie griff nach ihrer Tasche und pfiff nach ihrem Hund.

»Ich bin um sieben da.«

Ben sah ihr nach und wunderte sich über sich selbst. Nach dem Tod von Lamai hatte er kein Mädchen mehr direkt gefragt. Er hatte immer nur auf Einladungen und Anmachen reagiert. Er hatte mit Frauen geflirtet und geschlafen, und sich jedes Gefühl verboten, um sich selbst zu schützen. Er hatte nie falsche Hoffnungen wecken wollen. Er hatte nie etwas versprochen. Einigen Frauen hatte er trotzdem wehgetan. Und manche waren ziemlich sauer geworden. Sarah! Sie war so schrecklich wütend gewesen.

Olli war froh, dass der Kurs endlich zu Ende war. Den Unterricht durchzustehen, machte ihm mehr Probleme, als er gedacht hatte. Es war, als hätte er erst jetzt richtig begriffen, was eigentlich passiert war. Sarah war tot und sie war schon die Zweite. Die Polizei suchte nach ihrem Mörder. Ob sie schon jemanden verdächtigten? Olli bekam eine Gänsehaut. Hatte Sarah sehr gelitten? Hatte sie große Angst gehabt? Auch wenn sie höchstwahrscheinlich nie ein glückliches Ehepaar geworden wären, hätte er doch davon träumen können. Es hätte immerhin eine winzige Chance bestanden, dass sie es sich noch anders überlegt hätte. Er hätte sie auf Händen durch ein gemeinsames Leben getragen und ihr alles verziehen. Nun musste er seine Träume begraben, wie damals. Seine Gedanken rasten immer schneller und ihm wurde fast schwindelig. Er musste hier raus, sonst würde er vermutlich noch durchdrehen. Er war schon dabei, gestand er sich ein. Wer hatte wohl alles mitbekommen, dass er Sophie angeschrien hatte? Die Bullen würden wiederkommen. Ein Image als aggressiver Schreihals konnte ihm nur schaden. Er konnte nicht weiter Unterricht geben, so als sei überhaupt nichts passiert. Warum hatte er der Polizei nicht die Wahrheit gesagt? Ben hatte recht. Früher oder später würde doch jemand erzählen, dass zwischen ihm und Sarah mehr gewesen war. Ob er von sich aus zur Polizei gehen sollte? Wahrscheinlich wäre das besser, als nur abzuwarten. Aber zuerst musste er weg und in Ruhe nachdenken. Die Idee, einfach abzuhauen, gefiel ihm immer besser. Aber wohin? »Das ist es«, murmelte Olli vor sich hin. Er würde nach Hamburg fahren und Tobias besuchen. Er sah seinen alten Kumpel sowieso viel zu selten. Er würde sich ins Auto setzen und sofort losfahren, jetzt gleich. Tobias war ein guter Zuhörer und ein erstaunlicher Mensch. Olli kannte niemanden, der sich nach einem schweren Schicksalsschlag so lebensfroh in die Zukunft stürzte. Wenn er doch nur nicht diese Einzelstunden morgen Nachmittag hätte. Es wäre schön, wenn er länger als eine Nacht bleiben könnte. Olli sprang entschlossen auf und packte das Nötigste in eine Reisetasche. Ob er zumindest Ben Bescheid sagen sollte? Ben! Vielleicht würde er die Einzelstunden übernehmen. Olli schnappte seine Tasche und ging zum Transit. Ben saß davor und öffnete gerade eine Dose Cola.

»Olli? Alles klar?«

»Ehrlich gesagt, nicht wirklich. Ich muss hier mal raus. Kannst du die Stunden morgen für mich machen?«

»Geht klar! Was ist denn los?«

»Sarah. Ich krieg das nicht aus dem Kopf. Ich bin kurz davor durchzudrehen.«

»Hey!«, ging Ben dazwischen. »Jetzt mach dir keine Sorgen. Ich regle das hier.«

»Danke!« Olli kramte in seiner Hosentasche. »Bock auf Luxus?« Er klimperte mit dem Wohnmobilschlüssel.

»Immer wieder gern!«, lachte Ben. »Endlich mal wieder nackt fernsehen. Hast du eigentlich noch mal mit den Bullen gesprochen?«

Olli nickte und gab ihm den Schlüssel. Er fühlte sich mies dabei seinen Kumpel anzulügen, aber er konnte jetzt keine Standpauke ertragen. Und außerdem wollte er noch mit der Polizei sprechen. »Ich zieh los! Da ist übrigens noch jede Menge Bier im Kühlschrank und Eier, Schinken und Joghurt. Kannst du alles haben.« Olli ging zum Parkplatz und stieg in seinen alten Golf. Als er den Motor startete, wusste er, dass er das Richtige tat. Er musste mal raus. Er musste weg von den Toten.

Ben hatte es sich gerade in Ollis Badewanne bequem gemacht, als es an die Tür klopfte.

»Machen Sie auf! Polizei!«

Ben sprang schnell aus der Wanne und wickelte sich ein Handtuch um die Hüften. Verwirrt öffnete er.

»Oliver Konrad?«

Zwei Kripobeamte sahen ihn finster an. Ben erkannte Ingo Schölzel, der die Zeugenbefragung durchgeführt hatte.

»Ich bin nicht Olli! Das wissen Sie doch.«

Der Jüngere sah ihm ernst ins Gesicht. Dann wanderte sein Blick abwärts. »Oh, ich verstehe! Sagen Sie der anderen Schwuchtel doch bitte, dass sie Besuch hat.«

Ben starrte die beiden an und fragte sich, ob er wirklich richtig gehört hatte.

»Ben, bitte machen Sie keine Schwierigkeiten und holen Sie Ihren Freund«, sagte Ingo Schölzel mit ruhiger Stimme.

Ben merkte, wie die Wut in ihm hochkroch. »Das reicht jetzt! Er ist nicht da! Ich glaube, Sie haben sich noch nicht vorgestellt!«

»Das ist Polizeihauptkommissar Sperber. Wir kennen uns bereits. So, und nun beantworten Sie bitte meine Frage. Wo ist Ihr, ähm … Oliver Konrad denn?«

»Das weiß ich nicht! Er hat mir nur gesagt, dass er mal raus muss. Ihn hat das Ganze ziemlich mitgenommen.«

Kommissar Sperber lachte ironisch. »Klar! Und Sie gießen nur die Blumen?«

»Hören Sie, ich hab keine Ahnung, wo er steckt. Olli hat mir nicht gesagt, wo er hin wollte. Er hat mich nur gefragt, ob ich morgen zwei Privatstunden für ihn übernehmen würde, damit er noch einen Tag länger weg kann.« Es war offensichtlich, dass sie ihm nicht glaubten. Ben fühlte sich furchtbar. Es war erniedrigend, halb nackt vor zwei Beamten zu stehen. Am liebsten hätte er einfach die Tür zugeknallt. Außerdem war er langsam beunruhigt. Warum machten die Bullen so ein Theater? Er atmete tief durch und versuchte freundlicher zu klingen. »Sehen Sie diesen alten orangefarbenen Ford Transit dahinten? Das ist mein eigentliches Zuhause. Olli und ich sind befreundet. Er weiß, dass ich ab und zu auch mal ein bisschen Luxus mag, und da hat er mir angeboten, in seiner Abwesenheit in seinem Wohnmobil zu bleiben.«

»Luxus?«, Sperber lachte leise.

»Ja! Großes Bett, Stereoanlage, Fernseher, Badewanne. Ganz normale Dinge, die Sie bestimmt aus ihrem spießigen Eigenheim kennen.«

»Jetzt werden Sie nicht frech! Wir können uns auch auf der Wache unterhalten!«

»Was macht Ihren, äh … Kumpel, denn so schrecklich fertig?«, fragte Schölzel versöhnlicher. »Sie war doch nur eine Bekannte, oder? Sie haben gemeinsam trainiert. Ich finde es auch furchtbar, wenn einem Kollegen was zustößt, aber deshalb renn ich doch nicht davon!«

Ben biss sich auf die Lippe. Das war es! Sie waren dahintergekommen. Natürlich! Olli war ein Idiot. Er hatte es ihm gleich gesagt.

»Herr Lorenz?«, hakte Schölzel nach.

»Er ist eben sensibel!« Ben ärgerte sich, dass ihm keine bessere Erklärung einfiel.

»Wollen Sie uns verarschen?«, fragte Kommissar Sperber ungläubig.

»Glauben Sie mir, ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen.«

»Sie wissen ja sicher, dass Sie wegen Behinderung der Ermittlungen ziemlichen Ärger kriegen können«, belehrte ihn Schölzel.

Ben reichte es langsam. »Sie meinen täglich drei Mahlzeiten und fließendes Wasser?«

Sperber grinste ihn dreckig an. »Und bestimmt jede Menge Sex. Goldgelockte Engel sind im Knast besonders begehrt. Meine Karte, falls Ihnen noch was einfallen sollte. Schönen Tag!«

Ben schloss dir Tür und ließ sich auf die Sitzbank fallen. Er war vielleicht dabei, sich großen Ärger einzuhandeln, aber zumindest hatte er seinen Kumpel nicht verraten. Er hatte ihm schon genug angetan.

Tina stellte erschöpft Strandtasche und Babyschale in der Küche ab. Ein Tag am Meer, allein mit drei kleinen Kindern, hatte mit Erholung rein gar nichts zu tun.

»Mama, ich hab noch überall Sand. Das juckt!«, beschwerte sich Antonia. »Ich muss jetzt duschen!«

Tina atmete tief durch. »Gleich, Schatz.«

Antonia stapfte mit dem Fuß auf. »Nein! Sofort!«

Paul fing an zu heulen. »Aber ich hab doch so Hunger!«

Jetzt meldete sich auch Finn mit lautem Protestgeschrei. Tina versuchte ruhig zu bleiben. Am liebsten wäre sie schreiend aus dem Haus gerannt.

»Was ist denn hier los?« Sophie stand in der Tür. Pelle drängelte sich an ihr vorbei und leckte freudig die Kinder ab.

»Dich schickt der Himmel! Dich und deinen wunderbaren Hund!« Sophie sah sie verdutzt an. »Hier will wieder jeder zuerst bedient werden. Ich muss Finn stillen.«

»Dann los! Setz dich in einen Liegestuhl und überlass die Chaoten der lieben Tante Sophie.«

Tina hätte sie am liebsten geküsst. Sie ging mit Finn auf die Terrasse und genoss den seltenen Moment der ruhigen Zweisamkeit mit ihrem Baby. Als sie 15 Minuten später mit dem Kleinen ins Haus ging, war von ihren Kindern und Sophie nichts zu sehen. Irritiert ging sie die Treppe hoch. Aus dem Badezimmer war munteres Geplapper zu hören. Tina öffnete die Tür. »Was ist denn hier los?«

Antonia und Paul saßen in der Wanne. Zwischen ihnen stand ein Tablett mit belegten Broten und zwei Gläsern Milch.

»Ein Kompromiss!«, erklärte Sophie stolz.

»Ein Kompromiss? Ich lach mich tot! Jetzt werden sie immer in der Wanne essen wollen.«

Sophie sah sie beleidigt an. »Nein, eben nicht! Stimmt doch, ihr Mäuse?« Die Kinder nickten ernst. »Antonia, Paul und ich haben besprochen, dass das hier eine Ausnahme ist.«

Tina nickte skeptisch.

»Jetzt guck nicht so. Die beiden haben gleich aufgegessen und dann ziehen sie ihre Pyjamas an, ohne zu murren. Ich muss jetzt auch schnell duschen. Bin nämlich verabredet«, erklärte Sophie geheimnisvoll. Sie winkte den Kindern zu und verließ das Bad.

»Ist das nicht toll, Mama? Alles ein Abwasch, hat Tante Sophie gesagt«, erklärte Antonia begeistert.

»Ja, wirklich super. Dann kommt mal raus.«

Die Kinder gaben keine Widerrede. Nach 20 Minuten waren sie im Bett verschwunden. Tina hatte sich zur Krönung des überraschend stressfreien Abends gerade mit einer leichten Weinschorle auf die Terrasse gesetzt, als Sophie nach draußen kam. »Du hast dich aber schick gemacht! Alle Achtung! Wer ist denn der Glückliche?« Sophie trug ein schlichtes türkises Sommerkleid. Tina tippte, dass es von Gucci war. Sophie sah atemberaubend aus.

»Jetzt spinn doch nicht«, protestierte Sophie. »Das Kleid ist schon ein paar Jahre alt.«

Tina legte grinsend den Kopf schief. »Wohl doch auf ein kleines Abenteuer aus, wie?«

»Overdressed für ein Essen beim Griechen in Orth mit Ben?«

Tina fing an zu lachen. »Du siehst aus, als müsstest du gleich auf eine Promifeier nach Sylt!«

Sophie stöhnte und verschwand. Fünf Minuten später kam sie in Jeans und schlichtem weißen T-Shirt zurück. »Besser?«

Tina nickte. »Wir sind auf Fehmarn. Nicht in Saint-Tropez. Aber du siehst immer noch umwerfend aus. Das kannst du auch nur ändern, wenn du dir eine Papiertüte über den Kopf stülpst. Aber jetzt erzähl mal kurz. Ben?«

Sophie winkte ab. »Wir haben uns spontan verabredet. Wir wollen jede Menge fettiges Fleisch essen. Ich muss los!«

»Viel Spaß«, rief Tina ihr hinterher. Sie meinte es ehrlich. Es war gut, dass Sophie sich nach dem Drama mit Felix nicht verkroch. Schlimm genug, dass ausgerechnet sie diese Leiche hatte finden müssen.

Tatort Ostsee

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